Seit dem Abgang von Dietmar Beiersdorfer sei die heile Welt des HSV kaputtgegangen

Hamburg. Am liebsten würde Uwe Seeler gar nichts sagen. Zu sehr frustriert ihn der Zustand seines Vereins und macht ihn traurig. Aber wenn der 74-Jährige, der eigentlich im Januar während der Mitgliederversammlung zum Ehrenpräsidenten ernannt werden sollte, bevor das eine Operation verhinderte, dann doch sein Wort erhebt, scheut er nicht vor einer ehrlichen Meinung zurück. Wie gestern. Die jüngsten Ereignisse, wie zum Beispiel die Morddrohungen gegen Marek Erhardt, haben die HSV-Legende schockiert. "Sehr betrübt bin ich über die Diskriminierung der neu in den Aufsichtsrat gewählten Herren. Morddrohungen und diese ganz üblen Beleidigungen, diese aggressiven Beschimpfungen - das alles erschüttert mich zutiefst."

Mit seinem HSV von früher hätten die jüngsten Entwicklungen jedenfalls nichts zu tun: "Der HSV tut mir schon leid, denn es ist schlimm, wenn man mit dieser schlechten Stimmung innerhalb des Klubs nicht so richtig fertig wird. Mit Sport und Verein hat das Ganze jedenfalls nichts mehr zu tun, da hört es für mich ganz einfach auf." Egal, wer es im HSV auch sei, wenn man mit Kritik nicht richtig umgehen könne, werde es gefährlich, fügte er hinzu.

Für Seeler hat es in den vergangenen Jahren einen personellen Einschnitt gegeben, der massive Folgen hatte - den Abgang von Sportchef Dietmar Beiersdorfer.

"Was mich ganz tief bedrückt ist die Tatsache, dass uns der HSV in den vergangenen Monaten immer wieder eine heile Welt vorgegaukelt hat", sagte Seeler. "Diese heile Welt gibt es seit der Trennung von Beiersdorfer nicht mehr, sie ist weg, ganz einfach nicht mehr da." Bereits im Oktober hatte Seeler offen das Fehlen eines Konzeptes ("Ich erkenne nicht, was man will oder nicht") und die vielen Trainerwechsel ("Jede Saison fängt man von vorne an, man muss einem Fußballlehrer Zeit geben") kritisiert. Jetzt erneuerte er offensiver seine Vorwürfe und forderte: "Man muss nun einen Neuanfang starten, und zwar in allen Bereichen - auch im Sport, aber nicht nur im Sport. Fest steht für mich, dass dieser HSV, der so namhafte Spieler unter Vertrag hat, viel mehr hätte erreichen müssen, als dieser siebte Platz, der zurzeit eingenommen wird. Die Mannschaft blieb weit hinter den Erwartungen, auch in diesem Bereich muss einiges verändert werden."

Sein Wunsch für die nähere Zukunft des Vereins? Da kommt der Optimist wieder durch, der er immer war: "Ich hoffe jetzt, dass man im Sinne des HSV irgendwann einmal wieder zur Gemeinsamkeit zurückkehren wird." Ansonsten jedoch, daran lässt er keinen Zweifel, dürfte es sehr schwer werden, auch künftig sportliche Erfolge einzufahren.