Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Es gab Zeiten, da schauten Rennfahrer mal kurz bei einem Grand Prix vorbei, setzten eine junge Dame an den Boxen ab, zogen noch mal an der Zigarette und kletterten in ihr Auto. Ihr Arbeitsplatz umfasste Lenkrad, Schalthebel, ein paar Rundinstrumente und drei Pedale. Das war Motorsport pur. Es war allerdings auch die Zeit, in der jedes Jahr ein paar Fahrer ihr Leben ließen.

Mit der Sicherheit kam die elektronische Hochtechnologie in die Formel 1. Das Lenkrad eines modernen Rennwagens gleicht einer Mischung aus Flugzeugcockpit und Spielekonsole. Mehr als 20 Knöpfe und Schalter müssen bei 300 km/h gedrückt werden, in dieser Saison sind zwei weitere für das Energierückgewinnungssystem Kers und den verstellbaren Heckflügel hinzugekommen. Selbst Branchenprimus Sebastian Vettel zweifelt, ob die Neuerungen einen Sinn haben oder gar zulasten der Sicherheit gehen. Was, wenn im Pulverdampf eines Rad-an-Rad-Duells ein Fahrer den falschen Knopf drückt und die Autos ungebremst von der Piste fliegen?

Das Kers-System soll der Formel 1 einen grünen Tarnanstrich geben, der flexible Heckflügel soll Überholvorgänge und mithin eine bessere Show ermöglichen. Wer zwingt die Formel-1-Lenker eigentlich dazu, Jahr für Jahr neue Regeln zu ersinnen? Langweilige Rennen hat es auch vor 50 Jahren schon gegeben. Die Formel 1 muss die technische Speerspitze des Motorsports bleiben, keine Frage. Aber Weltmeister sollte bitte schön der Fahrer werden, der sein Auto am besten im Grenzbereich beherrscht, und nicht unbedingt der, der am besten mit dem Computer spielen kann.