HSV-Idol Uwe Seeler kritisiert das Verhalten des wechselwilligen Stürmers: „Vertrag ist Vertrag. Er ist dazu da, dass er eingehalten wird.“

Hamburg. Ruud van Nistelrooy ist der derzeit beliebteste Spieler bei den Fans des Hamburger SV. Mit dem Gejammer über das „Nein“ zur Rückkehr nach Madrid läuft er nun Gefahr, es sich mit vielen HSVern zu verscherzen. Auch HSV-Idol Uwe Seeler kritisiert das Verhalten des Stürmers. Der Fußball-Weltstar läuft Gefahr, seinen guten Ruf aufs Spiel zu setzen.

Auf das kategorische „Nein“ des Hamburger SV, ihn mitten in der Saison zu Real Madrid ziehen zu lassen, reagierte der 34 Jahre alte Publikumsliebling wie eine „beleidigte Leberwurst“. Er habe den HSV „inständig gebeten“, ihm diesen großen Traum zu erfüllen, aber nun müsse er bleiben, „auch wenn mein Herz für Madrid schlägt“, stellte der Torjäger in der Zeitung „Marca“ enttäuscht fest - und sprach von einem großen Ärgernis. Van Nistelrooy habe sich als „normaler Söldner“ entlarvt, giftete die „Bild“ zurück.

Und auch HSV-Idol Uwe Seeler reagierte mit Unverständnis auf dessen Verhalten. „Vertrag ist Vertrag. Er ist dazu da, dass er eingehalten wird“, sagte der Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft und HSV-Torjäger am Donnerstag und erinnerte den wankelmütigen Niederländer damit an seine Pflichten.

Seeler, der in seiner erfolgreichen Karriere in den 60er und 70er Jahren Offerten ausländischer Spitzenclubs widerstanden und „seinem“ HSV stets die Treue gehalten hat, muss zu seinem Leidwesen feststellen, dass die heutige Spieler-Generation anders denkt und handelt, wie die Fälle Demba Ba & Co. zeigen. „Es gab zuletzt ja auch andere Fälle, langsam wird es in der Bundesliga witzig“, meinte Seeler kopfschüttelnd.

Teamkollege David Jarolim bringt zwar ein gewisses Verständnis für den bei den Fans und auch im Verein beliebten Van Nistelrooy auf, er kann aber auch die Entscheidung der Clubführung nachvollziehen, die „Van the man“ scharf kritisiert hatte. „Jedem anderen Spieler hätte ich wahrscheinlich auf die Fresse gehauen, aber bei Ruud ist das eine andere Situation. Er ist ein absoluter Profi“, urteilte der frühere Mannschaftskapitän. „Für den Verein ist es aber schwer, ihn gerade jetzt ziehen zu lassen. Das hätte eine negative Welle gegeben.“

Denn der HSV, der in der Bundesliga nach einer schwachen Hinrunde mit zuletzt drei Siegen gerade wieder Kurs auf die lukrativen Europacup-Startplätze genommen hat, kann auf einen torgefährlichen Leistungsträger wie den Oranje-Auswahlkicker derzeit nicht verzichten. Der hat in seinen bisher 27 Erstliga-Spielen elf Treffer für die Hanseaten erzielt und gilt auch für das Punktspiel am Sonnabend beim 1. FC Nürnberg (15.30 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de ) bei HSV-Trainer Armin Veh als gesetzt.

„Man merkt, dass Ruud nicht glücklich ist“, stellte Mladen Petric über seinen Sturmpartner fest. Dabei hatte der HSV den in die Jahre gekommenen Stürmer im vorigen Winter nach vorausgegangener knapp eineinhalbjähriger Verletzungspause aus Madrid an die Elbe geholt. Damals war er froh über die Chance, heute ist er sauer, dass er sich den Traum vom Champions-League-Sieg mit Real nicht erfüllen kann. Trotzig ließ van Nistelrooy wissen, dass er seinen im Sommer endenden Vertrag nun garantiert nicht verlängern wird. „Ich werde zu einem anderen Club wechseln“, betonte der Niederländer, der damit auch seine treuen Anhänger enttäuscht haben dürfte. Denn sein Trikot mit der Rückennummer 22 ist der Verkaufsschlager in den HSV-Fanshops.

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Kühne mäkelt, van Nistelrooy ist beleidigt

Für die Zukunft seines Klubs hat Aufsichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff einen großen Wunsch: "Dieser Verein muss endlich zur Ruhe kommen." Nach dem Theater um Fast-Sportchef Matthias Sammer sollen nur noch sportive Erfolge für Schlagzeilen sorgen. Und in der Tat kann der HSV am Sonnabend in Nürnberg den vierten Sieg in Folge einfahren - ein durchaus realistisches Unterfangen. Von Ruhe im Klub kann dennoch keine Rede sein.

Gestern sorgten Aussagen des Investors Klaus Michael Kühne, 73, für Wirbel. Der Unternehmer, der 12,5 Millionen Euro in den Klub investiert hat, kritisierte erneut die sportliche Führung des Vereins. "Gerade von der sportlichen Seite war das Management nicht so, wie sich das gehört für einen Spitzenverein", sagte Kühne im Hörfunksender NDR 90,3. Auch zu den Ursachen der Verletzungsserie des Klubs in der Hinrunde hat Kühne eine dezidierte Meinung. Er sieht sie in der ärztlichen Betreuung und in den Trainingsmethoden: "Da sollten mal neue Leute ran." Beim HSV mochte man die Äußerungen nicht erneut kommentieren, wohl auch, um dieses Thema nicht wieder anzuheizen. Bereits in der Vergangenheit hatte sich Kühne im Abendblatt kritisch mit der Transferpolitik auseinandergesetzt: "Da ist nicht alles so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe." Kühne rügte vor allem, dass kein neuer Mittelfeldstratege von Format geholt wurde. Daraufhin verlangte der ehemalige Präsident Jürgen Hunke, inzwischen in den Aufsichtsrat zurückgekehrt, alle geschäftlichen Verbindungen mit Kühne zu kappen: "Der Vorstand sollte Herrn Kühne das Geld zurückgeben und den Vertrag rückgängig machen."

Für Nachbeben sorgt beim HSV weiter das Thema van Nistelrooy. Der Holländer ist nach wie vor verspannt, dass der HSV ihm die gewünschte Freigabe für einen Wechsel zu seinem Traumklub Real Madrid verweigerte. "Das ist ein großes Ärgernis", sagte van Nistelrooy dem Madrider Sportblatt "As". Er wäre sogar bereit gewesen, bei einem Wechsel nach Madrid einen Teil der Ablösesumme aus eigener Tasche zu zahlen. Der Zeitung "Marca" sagte van Nistelrooy: "Ich habe den HSV inständig darum gebeten, es mir zu erlauben, meinen Traum zu erfüllen. Aber nun bleibe ich hier, auch wenn mein Herz für Madrid schlägt." Er werde seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag beim HSV nicht verlängern. "Ich werde zu einem anderen Klub gehen", sagte der Niederländer. Durch einen "Streik" hätte er den Wechsel zu Real nicht erzwingen wollen: "Das ist nicht meine Art." Er sei ein Profi und halte sein Wort. "Niemand hatte mich gezwungen, beim HSV zu unterschreiben. Nun muss ich meinen Vertrag erfüllen."

Die Äußerungen sprechen nicht gerade dafür, dass der Angreifer noch mit allerletztem Einsatz in die verbleibenden 15 Saisonspiele mit dem HSV geht. Im Testspiel gegen Amsterdam noch top, ging seine Leistungskurve nach der Real-Anfrage trotz des Siegtores auf Schalke bergab. Doch sogar David Jarolim, nach acht Jahren beim HSV der personifizierte Gegenentwurf zum Fußball-Söldner, nimmt den Angreifer in Schutz. "Anderen Spielern hätte ich in ähnlicher Situation wohl eine reingehauen, aber in seinem Falle habe ich Verständnis. Das liegt an seinem Typ, er ist ein absoluter Profi. Es gab von Ruud auch nie ein Wort gegen die Mannschaft." Auch die Aussage des 34-Jährigen, den Verein im Sommer auf jeden Fall verlassen zu wollen, spielt Jarolim herunter. "Solche Aussagen zählen oft nur zwei Tage. Das war aus der Enttäuschung heraus gesprochen."

Und Matthias Sammer? Auch hier geht die Diskussion weiter. Via "Sportbild" meldete sich nunmehr DFB-Präsident Theo Zwanziger: "Ich hätte mir gewünscht, dass der HSV früher zum Telefon gegriffen hätte, wenn er einen führenden Angestellten des DFB, der einen Vertrag bis 2013 hat, für sich gewinnen will. Danach hätten die Beteiligten dann die vertraglichen Angelegenheiten besprechen können." Beim HSV stieß diese Äußerung auf großes Unverständnis. Schließlich sei es Sammers ausdrücklicher Wunsch gewesen, dass er selbst den DFB über den Verhandlungsstand informieren wollte. Diesem Wunsch habe man nur entsprochen.

Wann Rieckhoffs ausdrücklichem Wunsch nach Ruhe im Verein entsprochen wird, ist jedoch nicht absehbar.