Warum HSV-Trainer Armin Veh auf ein erfolgreiches Fußball-Jahr 2011 hofft. Die von ihm gewünschte Verstärkung gibt es jedoch (noch) nicht.

Hamburg. Die gute Nachricht vorweg. Es gibt mindestens zwei Gründe, warum sich Hamburgs zuletzt so leidgeprüfte Anhänger auf ein erfolgreiches HSV-Jahr 2011 freuen dürfen. Erstens: Schlechter als 2010 kann es nicht werden. Und zweitens: Armin Vehs Aberglaube. Der HSV-Trainer ließ in dem fünftägigen Trainingslager Anfang Januar in Dubai keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, dass er sich bereits im Winter 2007 vor der Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart in dem Wüstenemirat auf die dann erfolgreiche Rückserie vorbereitet hat - natürlich im Park-Hyatt-Hotel, der gleichen Mannschaftsherberge wie nun beim HSV.

Im Mannschaftskreis wurde zum Spaß bereits der Geist von Al-Wasl heraufbeschworen. "Ich bin mir sicher, dass wir auch aufgrund dieser Tage in Dubai eine gute Rückrunde spielen werden", sagte Veh am Abend vor dem Rückflug nach Hamburg - und klang dabei erstmals seit dem unnötigen Wirbel um seine Person am Jahresende wieder richtig zuversichtlich.

Vehs positive Grundeinstellung basiert allerdings nicht nur auf seinem Aberglauben, sondern auch auf der Hoffnung, dass seine Mannschaft in der zweiten Saisonhälfte endlich ihre Qualitäten ausspielt und vor allem vom Verletzungspech verschont bleibt. "So viele Verletzte auf einmal habe ich meiner Trainerlaufbahn noch nie erlebt", sagt der 49-Jährige, der mit Marcell Jansen, Gojko Kacar und Joris Mathijsen gleich drei Langzeitverletzte der Hinrunde zum Rückrundenauftakt auf Schalke (Sonnabend, 18.30 Uhr) im Kader begrüßen darf. Weiter fehlen noch Collin Benjamin (Muskelfaserriss), Mladen Petric (Sehnenanriss im Oberschenkel) und Heung-Min Son, der voraussichtlich bis Ende Januar beim Asien-Cup in Katar weilt. "Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass diese Mannschaft individuell besser besetzt ist als die VfB-Meistermannschaft (2007, Red. )", sagt Veh, "wir müssen nur das Glück haben, endlich verletzungsfrei zu bleiben."

Ein Selbstgänger dürfte die Rückrunde allerdings selbst dann nicht werden, wenn Vehs Wunsch nach weniger Ausfällen tatsächlich Realität wird. Hauptaufgabe für den im Winter amtsmüden Trainer wird es sein, die in der Hinserie schwächelnde Defensive endlich zu stabilisieren. Mit 27 Gegentreffern stellte der HSV die anfälligste Abwehr in der oberen Tabellenhälfte. "Wir müssen vor allem im Mittelfeld stabiler stehen. Wir dürfen den Gegner nicht so einfach durch das Zentrum spazieren lassen, denn dann wird es für jede Abwehr schwer", sagt Veh, dessen Wunsch nach einem neuen Innenverteidiger aber noch immer nicht erfüllt werden konnte. Noch bis zum 31. Januar hat Sportchef Bastian Reinhardt Zeit, dann schließt der Winter-Transfermarkt. "Wir haben den Markt im Blick, aber wir werden keinen Noteinkauf tätigen", sagt Reinhardt. Die fast perfekte Verpflichtung von Hoffenheims Abwehrallrounder Matthias Jaissle, 22, hat sich nach der Vertragsauflösung von 1899-Trainer Ralf Rangnick zunächst zerschlagen.

Bleibt der HSV in der Rückrunde von gravierenden Verletzungen verschont, dürfte Veh in der Defensive auf Torhüter Frank Rost, Guy Demel (rechts), Heiko Westermann, Joris Mathijsen (beide zentral) und Dennis Aogo (links) setzen. Im Mittelfeld will der Cheftrainer nach vielen Experimenten in der Hinserie - der HSV spielte abwechselnd mit drei verschiedenen Systemen - auf eine sogenannte 4-4-2-Taktik mit zwei zentralen Akteuren vor der Abwehr und zwei offensiven Mittelfeldmännern auf den Flügeln agieren. Dabei scheint derzeit nur Jonathan Pitroipa, der von Sportchef Bastian Reinhardt als die Überraschung der Hinserie bezeichnet wurde (siehe Interview auf Seite 6), im rechten Mittelfeld gesetzt zu sein. In der Mitte kämpft mit Zé Roberto, David Jarolim, Piotr Trochowski und dem genesenen Kacar ein Quartett um zwei freie Plätze. Ähnlich umkämpft dürfte die letzte freie Planstelle im linken Mittelfeld werden, um die sich der in der Hinrunde enttäuschende Eljero Elia, Jansen und Überflieger Son bewerben. Im Sturm scheint Veh bis zur Genesung von Petric auf das Duo Ruud van Nistelrooy/Paolo Guerrero zu setzen, Außenseiterchancen haben die flexibel einsetzbaren Youngster Tunay Torun und Maxim Choupo-Moting.

Abseits des Rasens darf mit Spannung verfolgt werden, wie die HSV-Verantwortlichen den wahrscheinlich größten Umbruch der vergangenen Jahre im Sommer einleiten. So will zunächst der gerade erst neu gewählte Aufsichtsrat über eine Vertragsverlängerung von HSV-Chef Bernd Hoffmann debattieren, an der unmittelbar auch die Zukunft der Vorstände Katja Kraus und Reinhardt sowie von Trainer Veh hängen dürfte.

Bevor allerdings über eine Verlängerung von Vehs Vertrag verhandelt wird, will Sportchef Reinhardt zunächst erste Weichen innerhalb des Kaders stellen. Gleich sechs Verträge von Leistungsträgern (Rost, Zé Roberto, Trochowski, van Nistelrooy, Torun und Choupo-Moting) laufen aus. Aus finanziellen Gründen können nicht alle verlängert werden. Der Grund: Der HSV muss bis zum Sommer 14 Millionen Euro Transferverbindlichkeiten ausgleichen. Eine erfolgreiche und somit auch lukrative Rückrunde wird von Hamburgs Verantwortlichen entsprechend herbeigesehnt.

Bleibt nur zu hoffen, dass der Geist von Al-Wasl tatsächlich Gefallen am HSV gefunden hat und nicht heimlicher Fan des VfB Stuttgart ist.