HSV-Trainer formte St. Paulis Talente in Leverkusen

Hamburg. Die Bayer AG hat allein in Deutschland 15 Standorte. Die meisten befinden sich rund um den Unternehmenssitz in Leverkusen. In Hamburg gibt es hingegen nur gefühlt so etwas wie eine Mini-Filiale des Chemie- und Pharmagiganten. Seit Anfang des Jahres spielen nämlich gleich drei ehemalige Fußballer des werkseigenen Sport-Flaggschiffs TSV Bayer 04 Leverkusen beim FC St. Pauli. Während Deniz Naki bereits im Sommer 2009 für 250 000 Euro Ablöse den Arbeitgeber wechselte, sind die im Winter verpflichten Bastian Oczipka und Richard Sukuta-Pasu sogar weiter Angestellte Bayers und nur als Leiharbeiter für den Kiezklub aktiv.

Es verwundert nicht, dass für alle drei Profis St. Paulis Partie an diesem Sonnabend gegen Leverkusen eine ganz besondere ist. Während Offensivakteur Naki und Linksverteidiger Oczipka auf einen Einsatz gegen die früheren Mitspieler hoffen dürfen, muss sich der nach einer Verletzung um den Anschluss kämpfende Stürmer Sukuta-Pasu mit der Zuschauerrolle begnügen. Der 20-Jährige ist ohnehin derjenige aus dem Trio, der noch am meisten um seine Etablierung im Profigeschäft kämpft. Oczipka (21) hat schon einen Stammplatz in St. Paulis erster Elf, den man vor der Saison auch Naki (21) zugetraut hatte.

Früher, als die drei noch im Bayer-Nachwuchs spielten, waren die Vorzeichen andere. Markus von Ahlen, heute Trainer der U17 des HSV, kann die Entwicklung der Talente wie kaum ein anderer beurteilen. "Man konnte bei allen drei Spielern sagen, dass sie sehr gute Fähigkeiten haben", sagt der 39-Jährige, der sie einst in der Bayer B-Jugend trainierte. "Dass nun alle drei ganz oben dabei sind, freut mich natürlich."

Sportlich die markanteste Entwicklung habe Oczipka vollzogen. Gut möglich, dass der Linksfuß heute beruflich etwas anderes machen würde, wenn er einst nicht seinem Trainer vertraut hätte. Der gebürtige Bergisch Gladbacher stand als offensiver Mittelfeldspieler in der Bayer-Jugend schon auf dem Abstellgleis, als ihm von Ahlen die Linksverteidiger-Position nahelegte. "Damit war er erst gar nicht einverstanden, empfand es als Degradierung", sagt der Coach. "Er hat es dann aber zähneknirschend hingenommen und seine Chance genutzt."

Einer fürs Mittelfeld bei Bayer war dagegen Naki, damals wie heute ein Heißsporn. Einmal habe er den Deutsch-Türken sogar aus dem Kader geworfen, berichtet von Ahlen. Der Grund: Naki wollte nicht mit dem Nebenmann spielen, den der Trainer für ihn vorgesehen hatte. Sukuta-Pasu sei derweil allein durch seine Größe auffällig gewesen, trug nach Toren schon mal kleinere Mitspieler zurück in die eigene Hälfte. Wegen seiner Robustheit, Schnelligkeit und Technik sei er bei "Richie" sicher gewesen, dass er seinen Weg machen werde, sagt von Ahlen.

Vertrauen in das Potenzial des Angreifers hat auch das Bayer-Management, das Sukuta-Pasu im Sommer 2011 zurückerwartet. Dann läuft auch Oczipkas Zeit in Hamburg ab, allerdings hat St. Pauli ein Vorkaufsrecht für den unwahrscheinlichen Fall, dass Leverkusen den Verteidiger nicht wie geplant bis 2013 weiterbeschäftigen möchte.

Bis Saisonende können sich St. Paulis Fans aber in jedem Fall an den U-19-Europameistern erfreuen, die - so unterschiedliche Typen sie sein mögen - als "Bayer-Boys" eines gemeinsam haben: Sie können unheimlich gut mit der Pille umgehen.