Projekt soll für mehr Fairness im Verein sorgen

Mainz. Auch am Tag nach dem Hamburger Sieg in Mainz konnte und wollte Ernst-Otto Rieckhoff seine Begeisterung nur schwer zügeln. Was der Aufsichtsrat des HSV am Sonnabend live vor Ort im Bruchwegstadion gesehen und gehört hatte, ließ ihn auch am Sonntag noch in Superlativen sprechen. Alles sei "vorbildlich" und "einzigartig in der Liga" gewesen. Das Lob galt allerdings nicht dem guten Spiel seines HSV, sondern vielmehr der "tollen und fairen Stimmung" im Stadion. "Die Fankultur in Mainz ist durchaus nachahmenswert", bilanzierte Rieckhoff.

Wie sehr den HSV-Kontrolleur der faire Umgang miteinander beschäftigt, wurde auch auf der Aufsichtsratssitzung am vergangenen Dienstag deutlich. Gemeinsam mit seinem Kollegen Jörg Debatin stellte er den Kontrolleuren und dem Vorstand einen Wertekanon vor, der in der kommenden Ausgabe der Vereinszeitung "HSVlive" auch öffentlich gemacht werden soll. "Wir wollen innerhalb des Vereins eine schon längst überfällige Wertediskussion in Gang bringen", sagt Rieckhoff. Es gehe darum, Orientierung zu geben und das generelle Miteinander im Verein zu regeln. Bei der Präsentation im Aufsichtsrat hatten Rieckhoff und Debatin ein Thesenpapier mit einer HSV-Raute im Zentrum vorgelegt, um die herum zwölf Schlagwörter wie "Respekt", "Toleranz" und "Transparenz" standen. Auslöser der Initiative war die vergangene Mitgliederversammlung, auf der sich Mitglieder, Aufsichtsrat und Vorstand gegenseitig attakierten.

Wirklich neu ist die Idee eines Wertekanons allerdings nicht. Sowohl Werder Bremen als auch der 1. FC Köln und der FC St. Pauli haben sogenannte Leitlinien verabschiedet. Und während in Köln griffige Schlagwörter wie "Identifikation", "Teamgeist", "Erfolgsstreben", "Achtung" und "Vertrauen" genannt wurden, wird beim Hamburger Stadtrivalen neben einem friedlichen Miteinander auch "laktosefreies Essen im Stadion" angemahnt.

Mitglieder begrüßen Wertedebatte, wollen aber aktiv teilnehmen

Supporterschef Ralf Bednarek begrüßt den Wertekanon, mahnt aber gleichzeitig an, diesen nicht von oben nach unten vorzugeben. "Generell ist die Idee einer Wertediskussion lobenswert", sagt Bednarek, "die aber natürlich nicht ohne die Mitglieder geführt werden darf." Der Vorsitzende der Supporters erinnert daran, dass bereits vor zwei Jahren die damalige Abteilungsleitung einen ähnlichen Vorschlag gemacht hatte, der im Verein aber nicht weiter verfolgt worden sei. "Interessant wäre es zu erfahren, für welche Werte jeder einzelne Aufsichtsrat ganz konkret steht", sagt Bednarek, "zum Beispiel durch öffentliche Meinungsäußerung zu grundsätzlichen Themen."

Über konkrete Themen will Rieckhoff allerdings noch nicht sprechen. "Gemeinsame Werte haben gerade in der heutigen Zeit einen immer größeren Stellenwert", sagt er lediglich. Was Rieckhoff genau damit meint, sollen die Mitglieder in Kürze erfahren.