Michael Oenning trifft am Sonnabend auf seinen ehemaligen Arbeitgeber Nürnberg, den er im Vorjahr nach dem HSV-Spiel verlassen musste.

Hamburg. Er möchte nicht alles verraten. Über sich und sein Leben abseits des Fußballs. Michael Oenning weiß um die Faszination, die private Anekdoten auf Medien ausüben. Wie schnell dann das in den Vordergrund tritt, was nichts mit seinem Beruf, nichts mit dem Sport zu tun hat.

Überhaupt braucht der Co-Trainer des HSV keinen großen Auftritt. "Ich finde es angenehmer, nicht mehr die Bürde der Entscheidung zu tragen", sagt der 44-Jährige mit fester Stimme. Es klingt überzeugend, nicht vorgeschoben. Schließlich hat er den Job eines Chefcoaches bereits kennengelernt. In allen Facetten, mit seinen Vor- und seinen Nachteilen.

Bis zum Dezember des vergangenen Jahres trainierte Michael Oenning den 1. FC Nürnberg . Er hat den Wiederaufstieg in die Bundesliga feiern können - und landete wenige Monate später unsanft in der Realitität der Branche. Der "Club" musste in der Abstiegszone überwintern, Oenning einen neuen Arbeitgeber suchen. Der Münsterländer fand ihn im HSV, als zweiter Mann neben Armin Veh.

Und doch ist er es in diesen Tagen, dem viele, meist gleiche Fragen gestellt werden. Wie es denn für ihn sei, wenn an diesem Sonnabend der HSV in der Imtech-Arena auf seinen alten Arbeitgeber Nürnberg treffe? Wo er noch Boss und nicht nur Vize war. Michael Oenning muss bei seinen Antworten nicht überlegen. "Es war eine glückliche Zeit, bis auf die letzten Tage", sagt er. Das Spiel sei natürlich ein Besonderes. "Emotional bin ich dem Verein schon verbunden." Doch eigentlich möchte er nicht länger zurückblicken, sich vor allem nicht mit der herben 0:3 Niederlage in Köln beschäftigen, die ihn damals das Traineramt kostete. Ihm ist wichtiger, mit dem HSV drei Punkte zu holen, der "klaren Rollenverteilung" als Favorit gerecht zu werden. Daran hat sich auch als Co-Trainer nichts geändert.

"Ich bin kein Mensch, der von Eitelkeiten getrieben wird", sagt Michael Oenning. Statt Anzug trägt er lässige Freizeitkleidung, wie zum Beweis sind die längeren Haare ungegelt. Fußball werde ohnehin überhöht. "Man sollte sich selbst nicht zu ernst nehmen. Es gibt viel anderes." Da spricht die Erfahrung eines Mannes, dessen Lebenslauf wohl zu den vielseitigsten im deutschen Profifußball gehört.

In Münster studierte Oenning Deutsch und Sport auf Lehramt, war als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni tätig. Parallel dazu verfolgte er seine Trainerkarriere, machte an der Sporthochschule Köln den Fußballlehrerschein und arbeitete darüber hinaus mit Kommentator Marcel Reif für den Pay-TV-Sender Premiere zusammen. "Existenzängste hatte ich nie", sagt er. So etwas verschafft Freiheit. "Geistige Freiheit", wie Michael Oenning es nennt. Alternativen zum Fußball habe er genügend. "Mit 65 Jahren werde ich sicher nicht mehr in kurzen Hosen auf dem Platz stehen."

Ein Rückschritt in seiner Karriere sei die Annahme des Co-Trainerpostens beim HSV nicht. "Ich sehe den Job nicht nur als Lehr-, sondern auch als Lernberuf." Das Konzept, der Verein, die gemeinsame Arbeit mit Armin Veh hätten ihn überzeugt. Und die Stadt. Seine Frau ist gebürtige Hamburgerin, die Familie lebt seit Längerem hier. Bereits in Nürnberg-Zeiten pendelte er regelmäßig. "Jetzt alles miteinander vereinen zu können ist Luxus."

Dann gibt er, der sich lieber im Hintergrund und bedeckt hält, zum Ende des Gesprächs also doch noch etwas preis. Er schätzt die Bücher von Siegfried Lenz, spielt gern Klavier und singen, ja, das könne er auch. Als Student spielte Michael Oenning in einer Band. Aber das sei jetzt nicht wichtig, sagt er. "Ich will nicht bei jeder Gelegenheit dazu aufgefordert werden." Sein Kerngeschäft bleibt der Fußball. Ob aus der ersten oder zweiten Reihe.