Der stille Torwart trotzt den Schmerzen und sichert dem HSV vor den Augen Adlers ein 1:1 gegen Bayer im Abstiegskampf. Gehen soll er trotzdem.

Hamburg. Das Spiel nach dem Spiel hatte in etwa die Dauer einer Halbzeit mit Nachspielzeit. So lange brauchten der Reihe nach sämtliche HSV-Protagonisten, um die Folgen des überzeugenden 1:1 gegen Bayer Leverkusen am späten Ostersonntag zu analysieren und in aller Ausführlichkeit den Anteil Jaroslav Drobnys an dem so wichtigen Punktgewinn im Abstiegskampf hervorzuheben. Für Frank Arnesen war der Tscheche, der trotz eines schmerzhaften Teilabrisses des Haltebandes im linken Daumen gespielt hatte, einfach "eine Maschine". Cheftrainer Thorsten Fink hatte "Sensationelles" gesehen, Marcell Jansen nannte seinen Kollegen schlicht einen "Riesentypen". Nur einer ließ sich in der rund 50-minütigen Frage-und-Antwort-Runde in den Stadionkatakomben partout keinen Kommentar über Drobnys beeindruckende Leistung entlocken: Jaroslav Drobny.

Es gehört seit Saisonbeginn zu den unverrückbaren Regeln des Spiels nach dem Spiel, dass sich der schweigsame Torhüter öffentlich nicht äußern will - daran änderte auch der bemerkenswerte Auftritt gegen Bayer nichts. Drobny wollte weder über die eigene Leistung noch über die Anzahl der Schmerztabletten und Spritzen, die ihm über die 90 Minuten hinweggeholfen hatten, und schon gar nicht über René Adler, seinem designierten Nachfolger, sprechen. "Jaro ist ein außergewöhnlicher Charakter", lobte Dennis Aogo, "ich habe vor dem Spiel mit einigen Fachleuten über seinen Daumen gesprochen. Alle haben gesagt, dass es unmöglich ist, mit so einer Verletzung zu spielen."

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Dass es doch möglich ist, hatte der unverwüstliche Hoffnungsträger erstmals nach 336 Sekunden bewiesen, als Drobny Kopf, Kragen und Daumen gegen Kießling riskiert hatte. Es war nur die erste von insgesamt fünf Paraden, die Aogo im Anschluss an die 90 Minuten ins Schwärmen geraten ließ: "Drobny gehört zu den Typen, die immer von den Fans gefordert werden. Er setzt sich mit unserer prekären Situation zu 1000 Prozent auseinander." Nur als Matchwinner konnte niemand den Torhüter bezeichnen, weil Mladen Petrics Elfmetertreffer (40.) trotz Tausendsassa Drobny durch André Schürrles Billardtor (55.) noch ausgeglichen wurde.

Es gehört zu den Irrationalitäten des Geschäfts Profifußball, dass eben jener So-gut-wie-Matchwinner als Hamburgs größter Trumpf im Kampf um den Klassenerhalt gilt - und im Falle des Erfolgs den Verein im Sommer verlassen muss. Sportchef Frank Arnesen haben Drobnys herausragende Leistungen jedenfalls nicht zum Umdenken gebracht, der Däne will im Falle des Klassenerhalts weiterhin Leverkusens Adler als neuen HSV-Torhüter verpflichten. "Es sieht gut aus, aber für René und für uns ist wichtig, dass wir in der Bundesliga bleiben", sagte Arnesen.

Zeitgleich stand keine 15 Meter entfernt von Arnesen Adler Rede und Antwort. "Ich bin mit Frank Arnesen und der Vereinsführung des HSV in Gesprächen. Bis Mitte/Ende April soll eine Entscheidung fallen, aber ich will mich nicht auf ein Datum festlegen. Es kann auch die erste Mai-Woche werden", sagte der Keeper, der ausgerechnet in Hamburg erstmals nach neunmonatiger Verletzungspause wieder im Bayer-Kader stand und sich beeindruckt von seinem wahrscheinlichen zukünftigen Arbeitsplatz zeigte: "Es ist immer fantastisch, hier, in einer reinen Fußballarena und mit den Fans im Rücken, zu spielen. Ich bin überzeugt, dass der HSV die Klasse hält."

Nicht ganz so überzeugt vom baldigen Klassenerhalt scheint dagegen ein anderer Wunschneuzugang zu sein. So soll sich Granit Xhaka gegen einen Transfer zum HSV und für einen Wechsel von Basel nach Mönchengladbach entschieden haben. "Ich muss heute oder morgen noch mal meine Kollegen in Basel anrufen", sagte Arnesen, der sich persönlich vergewissern möchte. "Mal sehen, ob ich Gladbach nach dem Telefonat gratulieren darf oder nicht."

Gratulationen zum Klassenerhalt dürfte Arnesen trotz der ordentlichen Leistung gegen erstaunlich passive Leverkusener ganz so schnell noch nicht annehmen. "Auf dieser Leistung können wir aufbauen", sagte der Sportchef, der aber ganz genau weiß, dass der HSV noch immer nur zwei Punkte über dem Strich steht. Lediglich Aogo, der beim nächsten Abstiegsfinale in Hoffenheim am Mittwoch fehlen wird (siehe unten), wollte sich bereits beim Spiel nach dem Spiel festlegen: "Wenn wir in den kommenden Partien so auftreten wie heute gegen Leverkusen, dann werden wir definitiv nicht absteigen." Was ihm so sehr Mut mache? "Wir haben nun mal einen außergewöhnlichen Torhüter."