Auf die Frage, ob der Sieg in Kaiserslautern das HSV-Team wieder ein wenig mehr zusammengeschweißt hätte, antwortete Marcell Jansen eher ausweichend und zögerlich: "Ob wir es geschafft haben, eine Einheit zu werden, das werden die nächsten drei Spiele zeigen. Wir sind aber auf einem besseren Weg." Sonst klingt Jansen immer ein wenig euphorischer, optimistischer. In diesem Falle jedoch denkt er wohl realistischer, denn: Nachdem sich zuletzt der Mannschaftsrat gegen eine Nominierung von Jeffrey Bruma in den Kader ausgesprochen hatte, kann es eigentlich (noch) keine gute Einheit geben. Elf Freunde sollt ihr sein? Heute spielen "Ich-AGs" miteinander.

Zu diesem Thema gab es in dieser Woche einige Beiträge in "Matz ab". Der User "We are family" schrieb: "Ich wünschte mir eine junge Truppe, die 40-mal Vollgas gibt und die nach jedem Spiel erst mal platt auf dem Rasen zusammensackt, ehe es in die Kurve geht. Aber kann man das von geliehenen Spielern aus London erwarten, für die der HSV erkennbar eine Überbrückung in ihrer Karriere ist?"

Allerdings: Auch Spieler wie van der Vaart, van Nistelrooy, Bouhlarouz, de Jong und andere sahen den HSV einst eher als Sprungbrett für die "höhere Laufbahn". Nur fiel es bei ihnen nicht so sehr auf, weil ihre Leistungen stimmten, die Einstellung da war, das Team funktionierte.

Diese Profis hatten zudem auch schon allesamt internationale Erfahrungen gesammelt. Die neue HSV-Generation aber sucht erst noch nach ihrem Weg. Speziell nach dem eigenen Weg. Sie denken nur an sich - nicht an die Raute, nicht an den Dino, nicht an den HSV, der sich in arger Not befindet.

Die jungen Leute von heute sind oft noch einen Tick egoistischer. Gestärkt von ihren Beratern, betreten diese Jünglinge mit breitem Kreuz, gespannten Hosenträgern und übersteigertem Selbstwertgefühl die Kabine. Dabei haben sie noch nichts, absolut nichts geleistet. Nur in einem Punkt sind sie erstaunlich gut: Ansprüche stellen. Unterordnen? Einordnen? Was ist das?

Es liegt nicht an den älteren HSV-Spielern, dass diese Mannschaft keine Einheit ist. Die erfahrenen Cracks wie Petric, Jarolim, Westermann, Aogo und Drobny gehen schon vorbildlich voran - nur wird es von vielen Jung-Profis ignoriert. Daran krankt es (im HSV).

Heute sieht jeder nur sich - erst viel später kommt das Team. Die Raute? Die scheint vielen egal - erst einmal ich!

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab