"Nach diesem Spiel sollten wir nicht so einfach wieder zur Tagesordnung übergehen ..." Hat DFB-Sportdirektor Matthias Sammer am Mittwoch in Barcelona nach dem Leverkusener 1:7-Debakel gesagt. Aber was soll passieren? Etwa Lehren ziehen? Das hat es ja noch nie gegeben. Und wird auch diesmal nicht geschehen. Alles wird in der Liga weiterlaufen wie bisher. Und damit sind wir beim HSV. Da geht ja auch alles weiter wie immer. Gut, manchmal machen sich die Verantwortlichen Gedanken, wie es weitergehen soll - wenn sich die Raute bedrohlich der Abstiegszone nähert. Ansonsten aber gilt: weiter mit dem Einheitsbrei.

Ich mache das mal an zwei Dingen fest - und möchte das ausdrücklich nicht als Kritik an Trainer Thorsten Fink verstanden wissen. Es betrifft alle HSV-Trainer der vergangenen Jahrzehnte. Zunächst das leidige Thema Standards. Freistöße werden meistens in die Mauer gebolzt, oft auf den Torwart, vielfach auch daneben oder drüber. Und Eckstöße: oft zu flach, oft auf den ersten Gegner am kurzen Pfosten - meistens aber viel zu einfallslos.

Können Sie sich noch daran erinnern, wann der HSV ein Tor nach einem Freistoß-Trick geschossen hat? Wohlgemerkt, nach einem Trick. Soll es ja geben. Das funktioniert zum Beispiel so: Hier wird angetäuscht, dort wird angetäuscht, dann wird der Ball völlig überraschend nicht geschossen, sondern gepasst, plötzlich steht ein HSV-Spieler frei - Tor. Na, hat es bei Ihnen schon klick gemacht? Wann war das?

Am 11.August 2007 erzielte Collin Benjamin das Tor zum 1:0-Sieg in Hannover. Ein Freistoß, der Ball flog zur Mitte, alle Spieler liefen auf den kurzen Pfosten, nur Benjamin lief entgegengesetzt, blieb unbemerkt - Tor.

Das habe ich seit Jahren nicht mehr vom HSV gesehen. Es wäre mal eine Aufgabe für den neuen Trainer, solche Tricks verstärkt zu üben - und auch auf deren Umsetzung zu pochen. Das hat aber, lieber Herr Fink - das sei Ihnen tröstend gesagt -, schon seit Jahr und Tag kein HSV-Trainer mehr getan.

Oder mein zweites Thema: Heute stehen gefühlt sechs bis zehn Trainer beim Training herum. Einer macht etwas. Warum aber nur einer? Warum wird nicht mal ein Spieler, der Zweikampfschwächen hat (und da fallen mir einige ein), oder einer, der permanent Kopfballduelle verliert (da gibt es auch einige), auf einen Nebenacker zitiert und von einem Trainer nochmals, nochmals und nochmals allein trainiert, um diese Schwächen zu beheben?

Aber auch das findet schon seit Jahrzehnten nicht statt, obwohl es sich lohnen würde. Dann könnte man nämlich Herrn Sammer entgegnen: "Wir gehen nicht einfach zur Tagesordnung über, wir gehen dagegen an."

Es wäre mal einen Versuch wert - anstelle des deutschen Einheitsbreis.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab