Der Meister der Herzen wurde am 19. Mai 2001 geboren, die Anzeige in den Bundesligastadien zeigte 17.20 Uhr. Auf Schalke war das Spiel des Tabellenzweiten beendet, doch in Hamburg lief noch die Partie HSV gegen Bayern, es hieß nach einem Tor von Sergej Barbarez 1:0 für Hamburg. Als in Gelsenkirchen ein Reporter behauptete, dass im Volkspark der Schlusspfiff erfolgt sei, war Schalke 04 deutscher Fußballmeister. Für ein paar Sekunden. Denn in Hamburg wurde (doch) noch gespielt. Als Schiedsrichter Markus Merk in der 94. Minute einen Freistoß für die Bayern gab und Andersson den Ball ins HSV-Tor zum 1:1 gedroschen hatte, ging der Titel wieder nach München - und Schalke war nur noch "Meister der Herzen".

Zahnarzt Merk erklärte später die Nachspielzeit: "Beide Mannschaften haben je dreimal aus- und eingewechselt, das sind 30 Sekunden für jeden Wechsel, dazu noch Verletzungspausen - vier Minuten waren berechtigt."

Dagegen ist auch nichts zu sagen. Heute, im Jahr 2012, ohnehin nicht mehr. Doch diese 30 Sekunden für jeden Wechsel gehen mir nicht mehr aus dem Sinn. Wer zuletzt das Spiel HSV gegen Werder Bremen sah, wird sich erinnern: Nacheinander krümmten sich zwei Bremer vor Schmerzen auf dem Rasen des Volksparks und mussten behandelt werden. Zweimal drei Minuten, mindestens. Zudem gab es jeweils drei Wechsel auf beiden Seiten. Das wären nach Merks Rechnung mindestens drei Minuten. Sein Kollege Thorsten Kinhöfer ließ aber nur zwei Minuten nachspielen. Kann der eine Schiedsrichter besser rechnen als der andere?

Nein. Eher entscheidet das jeder Unparteiische mit sich selbst und im Team, Pi mal Daumen. Besser aber wäre es, wenn sich der Fußball den Herrn Merk zum Vorbild nehmen würde: Sechs Wechsel à 30 Sekunden gleich mindestens drei Minuten Nachspielzeit. Wenn das jeder im Stadion wüsste, wenn es zudem eine Anordnung des Verbandes dafür gäbe, wäre der Fußball berechenbarer. DFB und DFL sollten darüber einmal nachdenken.

Ganz kurz noch einmal zum HSV-Derby gegen Werder. Ich sprach mit dem ehemaligen HSV-Aufsichtsratschef Udo Bandow, und der klagte: "Ich habe die Foulstatistiken der Bundesliga-Spiele des vergangenen Wochenendes verglichen. Fast überall war es ausgeglichen, nur in Hamburg führte Werder mit 23:10. Da stimmt doch etwas nicht. Die Bremer haben mit vielen kleinen und taktischen Fouls den HSV-Spielfluss gestört." So kann man es sehen. Aber auch so: Vielleicht spielt der HSV etwas zu harmlos, wenn es um Zweikämpfe und deren Statistik geht. Beides können wir heute in Mönchengladbach beobachten.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab