Der kroatische Nationalspieler, der im Sommer für vier Millionen Euro an die Elbe kam, konnte sich beim HSV noch nicht durchsetzen.

Hamburg. Natürlich könnte Ivo Ilicevic jetzt anfangen zu motzen. Der Kroate atmet einmal tief durch, dann antwortet er bewusst diplomatisch: "Ich mache mir keine großen Sorgen, so ein Typ bin ich nicht." Dabei könnte sich der Mittelfeldflitzer sicherlich darüber beschweren, dass er seit seinem Wechsel vom 1. FC Kaiserslautern zum HSV erst einmal 90 Minuten durchspielen durfte. Er könnte sich auch darüber aufregen, dass er zuletzt vor zwei Monaten von Anfang an aufgestellt wurde. Und er könnte sich sogar darüber ärgern, dass er in der bisherigen Rückrunde nur 60 Minuten gegen Bremen und Bayern randurfte. Er könnte, er macht es aber nicht. "Selbstverständlich möchte ich mehr spielen, aber ich muss eben um meine Chance kämpfen und die dann auch nutzen", sagt der Offensiv-Allrounder, der sämtliche Nachfragen nicht weniger geschickt umdribbelt als seine Gegenspieler.

+++HSV-Reserve unterliegt dem FC Kopenhagen 2:3+++

Jozo Ilicevic hätte es wahrscheinlich nicht besser formulieren können. Gemeinsam mit seinen Söhnen Jakov und Jozo war das Familienoberhaupt der Familie Ilicevic am Wochenende aus Aschaffenburg nach Hamburg gekommen, um seinen etwas kriselnden Sohn wieder aufzubauen. Gestern Vormittag gönnte sich das Quartett ein paar entspannte Stunden in der HafenCity, wo Ilicevic junior gemeinsam mit Freundin Olivia wohnt, nachmittags wurde das Testspiel des HSV gegen den FC Kopenhagen in der Imtech-Arena begutachtet (siehe Text unten). Einen Zweifel, dass es sein Sohn beim HSV nicht schaffen könnte, hat Papa Jozo jedenfalls nicht. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich mich hier durchsetze", sagt Ivo, der gegen den dänischen Meister 60 Minuten spielen durfte.

Zu viel Zeit, dass weiß auch Ilicevic, darf sich der im August für vier Millionen Euro als "Königstransfer" verpflichtete Nachfolger Eljero Elias allerdings nicht lassen. Wenn der Fan schneller Autos seinen großen Traum, erstmals im Sommer bei der EM bei einem großen Turnier dabei zu sein, wahrmachen will, muss er sich zunächst über gute Leistungen im Verein anbieten. Auch deswegen hatte Ilicevic, der vor sieben Jahren von Ex-HSV-Trainer Bruno Labbadia in der A-Jugend vom SV Darmstadt 98 entdeckt wurde, die Rückrunde bereits im Winter als "das vielleicht wichtigste Halbjahr meiner Karriere" bezeichnet. Für den letzten Test der kroatischen Nationalmannschaft - am 29. Februar gegen Schweden in Zagreb - vor der Nominierung im Mai wurde er allerdings nicht nominiert. "Ich muss zugeben, dass mich das schon ein bisschen überrascht hat", sagt er, "ich war ja zuletzt immer dabei, selbst als ich mal verletzt war."

Für Ilicevic ist die kroatische Nationalelf mehr als nur eine Fußballmannschaft. Wegen des Jugoslawienkrieges war seine Familie kurz vor seiner Geburt zunächst aus Bosnien-Herzegowina ins spätere Kroatien geflüchtet, später dann ins bayerische Aschaffenburg. Und obwohl Ilicevic in seiner Jugend sämtliche bayerischen Landesauswahlen durchlaufen hatte, war es für ihn eine Frage des Herzens, sich statt für die deutsche für die kroatische Auswahlmannschaft zu entscheiden. "Mein Herz schlägt für Kroatien. Es war eine lange gereifte Entscheidung", sagte Ilicevic, nachdem er 2007 für das kroatische U21-Nationalteam gegen die Färöer (2:0) debütierte. Es dauerte drei weitere Jahre, ehe er erstmals auch für die A-Nationalmannschaft nominiert wurde. "Für mich und meine Familie wäre es das Größte, wenn ich in der Ukraine und in Polen für Kroatien dabei bin", sagt der 25-jährige Familienmensch, der insgesamt sogar vier Geschwister hat.

Thorsten Fink kennt den Traum seines Schützlings - und der HSV-Trainer will ihm nicht im Wege stehen. "Ivo wird ganz sicher seinen Weg gehen", sagt Fink, der den früheren Lauterer in den vergangenen Wochen mehrmals zum Einzelgespräch bat. "Ich wünsche mir einfach eine konstant gute Trainingswoche von ihm. Er muss seine Chance nutzen, wenn er sie bekommt." Und diese Chance, auch das deutete Fink kurz vor der 2:3-Niederlage gegen Kopenhagen gestern an, könnte für Ilicevic schneller kommen als gedacht. Zwar will Hamburgs Coach sein Team im Spiel gegen Gladbach am Freitag nicht auf vielen Positionen ändern, aber Ilicevic darf sich bei guten Trainingsleistungen ernsthafte Hoffnungen auf ein Startelf-Comeback im linken oder rechten Mittelfeld machen.

"Vielleicht dreht er ja wieder mal ein Spiel für uns", sagt Fink, der Ilicevics erstes und einziges Saisontor gegen den SC Freiburg noch bestens in Erinnerung hat. Damals, noch vor dem Fernseher in Basel, verfolgte Fink, wie sein künftiger Zögling nur sieben Minuten nach seiner Einwechslung den 2:1-Siegtreffer erzielte. Vier Monate, eine Oberschenkelblessur, ein paar Adduktorenschmerzen und eine Wadenverletzung später hätte wohl kein Hamburger etwas dagegen, wenn am Freitag in Mönchengladbach Treffer zwei für den HSV folgt. Ilicevic selbst am wenigsten.