Der HSV-Fan Mario Tisot setzt mit Stahlschwamm und Holzleiter ein Zeichen für Aggressionsabbau gegenüber dem Rivalen aus St. Pauli.

Hamburg. Mario Tisot hat selbst miterlebt, was passieren kann, wenn die Rivalität zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli in offene Aggression umschlägt. Bei einem der Derbys in den Neunzigerjahren im damaligen Volksparkstadion war er dabei - und musste mit ansehen, wie sich die Fangruppen beider Seiten zwei Stunden vor Spielbeginn "die Köppe einschlugen". Damit so etwas in Zukunft nicht wieder passiert, damit die Rivalität der beiden Hamburger Bundesligavereine auf einer gesunden Basis und vor allem auf dem Spielfeld ausgetragen wird, hat der 38-Jährige sich am Wochenende in sein Auto gesetzt, 570 Kilometer zurückgelegt und ein Zeichen gesetzt.

Vor einigen Wochen hatten unbekannte Täter auf dem Trainingsgelände des FC St. Pauli Wände und Werbebanden mit HSV-Parolen und Beschimpfungen gegen St. Pauli beschmiert. Mario Tisot ist angereist, um die Schmierereien eigenhändig - ausgestattet nur mit einem Stahlschwamm, einer Holzleiter und weißer Farbe - zu entfernen. "Als ich davon gelesen hatte, habe ich gedacht: Jetzt geht der Kinderkram wieder los. Wie soll das erst werden, wenn die Spiele anstehen? Mir war sofort klar, dass ich etwas unternehmen wollte." Der Mainzer schrieb einen Brief an den FC St. Pauli und bot seine Dienste als Reinigungskraft an. "Eine tolle Geste", sagt Josip Grbavac aus der Medienabteilung des Kiezklubs.

In Blaumann und HSV-Trikot schrubbt und streicht Tisot mit einem Elan und Eifer, den er sonst wohl nur in der Fankurve der HSV-Supporters, denen er angehört, an den Tag legt. Schweiß rinnt ihm übers Gesicht. "Vielleicht kann ich denjenigen, die sich hier auf zweifelhafte Weise verewigt haben, ein schlechtes Gewissen machen", sagt er. "Ich will bei den Derbys in Ruhe Fußball schauen und Spaß haben, Krawall können wir nicht gebrauchen." Seit 30 Jahren ist der Architekt HSV-Fan. Seine Fan-Kollegen waren zunächst überrascht, unterstützten dann aber seine Aktion. Im Herzen bleibt Tisot ja auch HSVer. Mit einem Grinsen im Gesicht malt er eine weiße Raute über die blaue Graffiti.

Die Annährung von HSV- und St.-Pauli-Anhängern ist auch für den christlichen HSV-Fanklub "Totale Offensive" ein Anliegen. Zu ihrem fünften Geburtstag lud die Fangemeinde gestern Fans beider Vereine zum gemeinsamen Grillen und Fußballgucken ein. "Wir wollen versuchen, die verfeindeten Fans zusammenzubringen, um Aggressionen abzubauen", sagt der Vorsitzende Torsten Hüner. Ein guter Vorsatz für die neue Saison, in der die Abneigung zwischen den Fans vielleicht einfach weggewischt wird.