Anderlecht/Hamburg. Die Effizienz hatte Ariel Jacobs gefehlt. Denn trotz vier erzielter Treffer gegen den HSV sprach Anderlechts Trainer nach dem Aus in der Europa League davon, dass sein Team gegen "diesen HSV fünf oder sogar sechs Treffer" hätte erzielen müssen. Eine fragwürdige Aussage - aber bezeichnend. Denn der HSV hat ein großes Problem: die Defensive.

In den 13 Pflichtspielen 2010 musste der HSV bereits 19 Gegentore hinnehmen. Nur ein Tor weniger als Schalke 04 in der gesamten Saison. "Wir haben nicht den Rhythmus", sucht Bruno Labbadia nach Erklärungen und sieht die häufigen Wechsel in der Abwehrviererkette als ursächlich. Allerdings, und diese Kritik muss sich Labbadia gefallen lassen, er selbst war es, der in der Rückrunde überraschte, als er den bis dahin gesetzten Dennis Aogo gegen München auf die Bank setzte. Zudem hielt er lange am formschwachen Guy Demel fest. "Um ihm den Rhythmus zu geben, den er seit dem Afrika-Cup nicht mehr hat", erklärte Labbadia, bis er gegen Anderlecht auf Jerome Boateng setzte - ohne Erfolg. "Das war mein schlechtestes Saisonspiel. Ich brauche wieder Rhythmus - und den kriege ich nur über Spiele."

Eine Rechnung, die nicht aufgeht. Zumindest nicht ohne kalkulierte Schwierigkeiten. "Ich muss die Spieler dahin kriegen, wo sie vor ihren Pausen waren", sagt Labbadia und zeichnet die Zwickmühle auf: "Dabei muss ich solche Spiele wie jetzt von Jerome einplanen." Auch sonst hatte Labbadia zumeist mit Problemen zu kämpfen, die er nicht direkt beeinflussen konnte. Insbesondere die sich häufenden individuellen Fehler seines Innenverteidiger-Duos Joris Mathijsen und David Rozehnal, der wiederum glaubt: "Wir machen Fehler, aber die liegen nicht nur in der Abwehr, sondern im Gesamten. Die Abwehrarbeit schließt alle auf dem Platz mit ein. Aber wir als Mannschaft arbeiten da nicht genug defensiv." Dem HSV fehlt genau das, was den Tabellenzweiten Schalke 04 auszeichnet. Trainer Felix Magaths oft zitierter Minimalistenfußball basiert auf einer funktionalen Defensive. Nicht selten befinden sich bis auf Topstürmer Kevin Kuranyi alle Spieler in der eigenen Hälfte. Deshalb sieht den nächsten Bundesligagegner (So., 15.30 Uhr, Nordbank Arena) sogar als Vorbild: "Da müssen wir auch hin."

Einziger Gewinner ist Tomas Rincon. Der Venezolaner hilft notgedrungen hinten rechts aus - und überzeugte zuletzt. Labbadia: "Tomas arbeitet sehr effizient." Und das reicht einem Trainer eben manchmal.