Hamburg. Zumindest für Annalena war es ein erfolgreiches Wochenende. Im Laufschritt war der 13 Jahre alte HSV-Fan mit dem blauen Trochowski-Trikot gestern Mittag nach dem Training dem Mercedes ihres Lieblingsspielers hinterhergelaufen, um den 25-Jährigen doch noch um ein Autogramm zu bitten. Piotr Trochowski, der zuvor den Hinterausgang gewählt hatte, um den wartenden Reportern zu entwischen, hielt kurz an, unterschrieb und brauste davon. "Für mich ist er der Beste", jubelte Annalena und hielt ihre Beute begeistert in die Höhe.

Wenig später erklärte Bruno Labbadia nur wenige Meter entfernt, warum er, anders als Annalena, den Nationalspieler derzeit nicht für die beste Option in seinem Team hält. "Wir brauchten gegen Hertha Spieler, die beim Eins gegen Eins in die Tiefe gehen können", sagte der HSV-Trainer, "es war eine Entscheidung für Tunay Torun" - und gegen Trochowski, auch wenn Labbadia den zweiten Halbsatz unausgesprochen ließ.

Trochowski selbst wollte sich - außer Annalena gegenüber - nicht äußern, weder nach dem Spiel noch am Tag danach. Klar ist aber, dass die derzeitige Situation dem sensiblen Hamburger zu schaffen macht. Nachdem der Mittelfeldmann gegen Wolfsburg und Köln erst spät eingewechselt, gegen Stuttgart früh ausgewechselt wurde, gegen Frankfurt und zuletzt gegen Bayern München wieder von Anfang an spielen durfte, musste er gegen Berlin erneut 70 Minuten auf der Bank schmoren. "Das Tor hat gezeigt, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben", sagte Labbadia, der an die Vorarbeit Toruns erinnerte.

Erst als den jungen Türken die Kräfte verließen, brachte Labbadia Trochowski - und quittierte anschließend beinahe jede seiner Aktionen mit Kopfschütteln. Tatsächlich gewann die Nummer 15 des HSV keinen seiner vier Zweikämpfe, leistete sich unnötige Ballverluste und verschlampte eine aussichtsreiche Kontersituation, was auch Ruud van Nistelrooy zu gestenreichen Flüchen veranlasste. "Piotr war einer von vielen, die am Schluss unglücklich agierten", wollte Labbadia sein "Sorgenkind" nicht negativ herausheben. Das Verhältnis zwischen den beiden dürfte aber trotzdem nachhaltig gestört sein.

Da Trochowski aber unbedingt zur WM nach Südafrika im Sommer will, dürfte der "Frieden auf Zeit" zumindest bis Saisonende halten. Danach könnte es zu einer schwierigen Entscheidung kommen. Für Trochowski, für Labbadia und besonders für Annalena.