Hamburg. Auch eine knappe Stunde nach Spielschluss war Jerome Boateng die Wut über seinen Platzverweis noch deutlich anzumerken. "Marin hat gesehen, dass er nicht mehr an den Ball kommen kann und lässt sich fallen. Jeder hat das gesehen, nur der Schiedsrichter nicht", schimpfte der ansonsten immer ruhige HSV-Profi über die Rote Karte, die seiner Meinung nach nie hätte gezeigt werden dürfen. Die Szene, die Boateng so zur Weißglut trieb, lag zu diesem Zeitpunkt beinahe zwei Stunden zurück und sorgte dennoch für Diskussionen. "Aus meiner Sicht war das kein Platzverweis", drückte Trainer Bruno Labbadia eher diplomatisch aus, was Boateng die gute Stimmung nach dem Derbysieg verhagelt hatte.

Passiert war es in der 32. Minute, nachdem HSV-Stürmer Mladen Petric den Ball unnötig an der Mittellinie verloren hatte. Im anschließenden Laufduell zwischen Boateng und Marin kam es zu einer leichten Berührung, die Bremens Nationalspieler ins Straucheln und schließlich zu Boden brachte. Während Linienrichter Frank Willenborg aus Osnabrück ohne Regung blieb, eilte Referee Florian Meyer aus Burgdorf heran, um den entsetzten Boateng - zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres - vom Platz zu schicken. Bereits am 22. Februar in Leverkusen hatte Meyer dem Hamburger Defensivallrounder - damals per Ampelkarte - frühzeitig zum Duschen geschickt. "Diesmal war es nie und nimmer eine Rote Karte", sagte Boateng, der die restlichen 60 Minuten alleine in der Kabine vor dem Fernseher zittern musste: "Ich habe den Jungs die Daumen gedrückt und bin froh, dass sie es auch so geschafft haben."

Wie lange Hamburgs Nationalverteidiger nach dem umstrittenen Platzverweis gesperrt wird, dürfte der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes noch vor Weihnachten entscheiden. Beim HSV hofft man, dass Boateng nach Ansicht der TV-Bilder mit einer milden Strafe von ein bis zwei Spielen davon kommt - besonders, weil Labbadia zum Rückrundenauftakt gegen Freiburg bereits auf Rechtsverteidiger Guy Demel, der beim Afrika Cup spielt, verzichten muss. Das Weihnachtsfest will sich Boateng aber auch von Schiedsrichter Meyer nicht verderben lassen. Gefeiert wird bei der Familie in Berlin - egal wie hoch die Sperre auch ausfallen mag.