Ohne die Gegentore auf Schalke, gegen Gladbach und in Hannover wären die Hamburger punktgleich mit Bundesliga-Spitzenreiter Bayer Leverkusen.

Hamburg. Auf dem Parkplatz vor dem HSV-Stadion verloren sich nur wenige Autos der Profis. Wer nicht bereits zur jeweiligen Nationalmannschaft unterwegs war, genoss den ersten von zwei freien Trainingstagen. Jerome Boateng jedoch verbrachte gute drei Stunden im Kabinentrakt. Vor der heutigen Anreise zum Treffpunkt der deutschen Nationalelf in Bonn anlässlich der beiden Länderspiele gegen Chile (Sonnabend in Köln) und die Elfenbeinküste (18. November in Gelsenkirchen) ließ sich der 21-Jährige ausgiebig behandeln. "Ich habe wohl nach meiner Sprunggelenksverletzung falsch belastet", suchte Boateng nach Gründen für die Wadenverhärtung, die beim 2:2 in Hannover einen Einsatz über 90 Minuten unmöglich machte.

Apropos 90 Minuten - hätte der HSV ein Mitbestimmungsrecht, dürfte die Dauer eines Fußballspiels derzeit maximal 75 Minuten betragen. In der Schlussphase verloren die Hamburger in Hannover (88., Stajner), beim 2:3 gegen Mönchengladbach (76. Dante, 82. Friend) und beim 3:3 gegen Schalke (90. Kuranyi) jeweils nach zum Teil mehrmaliger Führung noch wertvolle Punkte.

Bei einer "75-Minuten-Tabelle" (siehe rechts) stünde der HSV punktgleich mit Bayer Leverkusen (28 Punkte) mit fünf Punkten Vorsprung auf den Dritten Wolfsburg auf Platz eins, mit satten zwölf Punkten Abstand zu den Bayern (16). In der Realität sind es "nur" 23 Punkte und Rang drei, mit drei Punkten Rückstand zu Bayer (26) - und drei Punkten Vorsprung vor den Bayern.

"Wir wissen, was wir falsch machen", spielt Boateng nicht nur auf die acht Kopfball-Gegentore an. "Nur wer über 90 Minuten konzentriert bleibt und weniger Fehler als der Gegner begeht, gewinnt am Ende das Spiel. Wir haben blöde Gegentreffer kassiert und waren vor dem Tor nicht kaltschnäuzig genug."

Es werde Zeit, dass der HSV mal wieder gewinne, meinte der Defensivspezialist nach zuletzt nur drei Punkten aus vier Spielen. "Aber von einer Krise zu sprechen wäre Quatsch. Wir sind auswärts noch immer ungeschlagen und waren in keinem Spiel schlechter als die andere Mannschaft." Gut möglich aber, dass der HSV nun mit den verlorenen Punkten in der Schlussphase den Preis für die Verletzungsmisere bezahlt. Die Belastung für die verbliebenen Spieler ist höher, bei fehlender Kraft lässt die Konzentration nach. Doch auch Bruno Labbadia ist nun als Psychologe gefordert: Er muss aufpassen, dass sich bei den Spielern nicht der Gedanke festsetzt, sie könnten bei einer Führung etwas verlieren, was zu passiverer Spielweise führen kann.

Der nächste Anlauf gegen den Negativtrend (Bochum, 22. November) ist für Boateng jedoch gedanklich weit weg. "Jetzt heißt es Abschalten vom HSV, ich freue mich auf die Nationalmannschaft und würde gerne beide Spiele machen." Ob ihm Bundestrainer Joachim Löw diesen Wunsch erfüllt, ist unklar. Sicher ist, dass Boateng mit Guy Demel (Elfenbeinküste) schon einen Trikottausch fest vereinbart hat.

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