Trotz der vielen Verletzten traut Kapitän David Jarolim dem Hamburger SV einen Titel zu. Er spricht von einer Riesenchance, die sich dem Team bietet.

Hamburg. David Jarolim ist im Stress - im Umzugsstress. Den HSV-Kapitän zieht es in die Nähe des Jenischparks nach Nienstedten. Trotzdem nahm sich der Tscheche Zeit, um im Abendblatt ein Zwischenfazit nach dem ersten Saisondrittel zu ziehen

Abendblatt: Herr Jarolim, was haben Sie gedacht, als Sie erfuhren, dass Zé Roberto ausfällt?

David Jarolim: Der Schreck war groß. So eine Verletztenmisere habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt. Das schmerzt.

Abendblatt: Zé Roberto ist einer von vier Stammspielern, die langfristig ausfallen. Ist es so gesehen nicht fast ein Wunder, dass der HSV nach dem ersten Saisondrittel immer noch oben steht?

Jarolim: Für mich ist das kein Wunder, sondern das Ergebnis verdammt harter Arbeit. Es wäre doch zu einfach, das Verletzungspech als Alibi zu benutzen. Wir sind stark genug, um unsere gute Position zu verteidigen. Ich habe jedenfalls keine Angst.



Abendblatt: Wie lautet also Ihr Zwischenfazit?

Jarolim: Wir sind auf einem guten Weg. Und trotz der Verletzten haben wir in diesem Jahr eine Riesenchance. Den Traum vom Titel habe ich nicht aufgegeben.

Abendblatt: Hat Sie jemand in dieser Saison positiv überrascht?

Jarolim: Sowohl Jerome Boateng als auch Dennis Aogo sind positive Überraschungen. Nach ihrem EM-Triumph im Sommer sind die beiden mit einem ganz anderen Selbstvertrauen zurückgekehrt.

Abendblatt: Kann Aogo auch Zé Robertos Part übernehmen?

Jarolim: Natürlich. Aber da gibt es auch andere Kandidaten, die sich ebenfalls Chancen erhoffen.

Abendblatt: Seitdem neben Paolo Guerrero auch Mladen Petric ausgefallen ist, hat der HSV kein Bundesligaspiel mehr gewonnen. Wie kann man den Negativtrend beenden?

Jarolim: Wir müssen gewinnen. Man kann die letzten Ergebnisse nicht auf die fehlenden Stürmer schieben, weil wir ja in den vergangenen Spielen auch viele Tore erzielt haben. Alles, was uns in dieser Situation fehlt, ist ein Sieg.

Abendblatt: Muss der HSV angesichts der dramatischen Personallage im Winter auf dem Transfermarkt zuschlagen?

Jarolim: Es kann schon sein, dass uns ein neuer Spieler weiterhelfen würde. Man darf auch nicht vergessen, dass einige der verletzten Spieler nach der Winterpause zurückkommen werden. Als Spieler kann man diese Frage nur schwer beantworten.

Abendblatt: Als Kapitän sind Sie auch Sprachrohr der Mannschaft. Hätten Sie sich getraut, ein ähnliches Interview wie Philipp Lahm zu geben, sofern es offensichtliche Missstände gibt?

Jarolim : Nein. Man kann eine Meinung haben und diese auch vertreten. Aber was Lahm gemacht hat, geht nicht. Wenn es Probleme gibt, dann kann man diese intern besprechen und nicht mit einem Journalisten in einem Interview. So etwas geht nicht.

Abendblatt: Wen sprechen Sie an, wenn Sie merken, dass etwas nicht stimmt?

Jarolim: Ich spreche unter vier Augen mit dem Trainer.

Abendblatt: Passiert das häufiger?

Jarolim: Nicht wirklich. Ich bin kein Typ, der andauernd beim Trainer vorspricht. Und wir haben auch keine Probleme, die das erfordern.

Abendblatt: Was bedeutet Ihnen das Amt des Kapitäns?

Jarolim: Alles. Für mich ist es eine Ehre, beim HSV Kapitän zu sein.

Abendblatt: Ihr Vertrag läuft noch bis 2012. Könnten Sie sich vorstellen, Ihre Karriere in Hamburg zu beenden?

Jarolim: Natürlich. Früher war es mein Traum, mal in Spanien zu spielen. Und es gab auch hier und da mal ein Angebot. Aber mittlerweile fühle ich mich so wohl in Hamburg, dass ein Wechsel für mich nicht mehr in Frage kommt - innerhalb der Bundesliga sowieso nicht.

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