Marcus Berg weiß um seine Defizite. Sein Rezept: “Einfach weiterarbeiten.“ Heute spielt der HSV in der Europa League bei Celtic.

Glasgow. Selbst die Routiniers schwärmten. Abwehrchef Joris Mathijsen und Torhüter Frank Rost konnten ihre Blicke kaum von der mächtigen Haupttribüne abwenden und sprachen von "einem Highlight für jeden Fußballer". Trainer Bruno Labbadia freute sich vor dem dritten Gruppenspiel der Europa League bei Celtic Glasgow (21.05 Uhr bei abendblatt.de im Live-Ticker) über "Fußball-Feeling pur". Einzig Marcus Berg schien unbeeindruckt. Kaugummi kauend schnürte der Angreifer seine blauen Fußballschuhe, posierte lässig als einziger Hamburger für die heimischen Medien, ehe er sich seinen Mannschaftskollegen zum Warmlaufen anschloss.

Marcus Berg, der Schwede, steht auch heute Abend wieder im Mittelpunkt. Er sei immer ruhig, bleibe cool und brauche nur etwas Zeit, versucht Mannschaftskapitän David Jarolim seinen formschwachen Angreifer zu schützen. "Er ist sehr selbstkritisch, arbeitet intensiv an seinen Defiziten und schiebt fast immer eine Einheit mehr als gefordert", spricht auch Co-Trainer Erdinc Sözer dem Neun-Millionen-Einkauf ein Kompliment aus. Gerechtfertigt? Oder doch nur Zweckoptimismus?

Beobachtet man den Schweden genauer, scheint sich zumindest der Teil mit dem Coolsein zu bewahrheiten. Trotz des großen Drucks, der auf ihm lastet, gibt sich der 23-Jährige unbeirrt, fast aufreizend locker. Der Angreifer scheint den Druck nicht wahrzunehmen. Im Training ließ er sich selbst von üblen Schnitzern und vergebenen Torchancen nicht aus der Bahn werfen - Berg scheint resistent gegen jeden Anflug von Aufgabe.

Stattdessen gibt sich der Frauenschwarm unbeeindruckt von der vernichtenden Kritik der letzten Wochen. Nicht selten kommt es vor, dass der Schwede im Training unvorteilhafte Bewegungen und Gesten macht, im festen wie naiven Glauben, von Fotografen unbeobachtet zu sein. "Ich weiß, dass ich noch in einigen Bereichen Nachholbedarf habe. Ich weiß auch, dass mehr erwartet wird. Aber ich arbeite einfach weiter", so Berg, "mehr kann ich nicht machen."

Zumal Berg momentan ein Opfer der unglücklichen Umstände zu sein scheint. Sein Scheitern ist bislang die Konsequenz der Ausfälle seiner Sturmkollegen Paolo Guerrero und Mladen Petric. "Marcus wurde geholt, um sich über einen längeren Zeitraum neben einem der beiden einzugewöhnen und seine individuelle Klasse einzubringen", sagt Trainer Labbadia, der im Sommer einen entscheidenden Anteil an der Verpflichtung des U-21-EM-Torschützenkönigs hatte. "Marcus hat in den ersten Spielen gezeigt, dass er neben so erfahrenen Leuten wie Mladen und Paolo stark ist. Er hat seine klaren Qualitäten. Und eben seine Schwächen, an denen er arbeiten muss."

Vor allem beim Passspiel. Im Training musste Berg unter der Woche den Anspielpunkt in der Mitte des Spielfelds mimen, jeden Ball direkt prallen lassen. Gleiches gestern beim Abschlusstraining. Schließlich hatte Berg in den Spielen zuvor zu oft das Tempo verschleppt, weil er zu lange für ein Abspiel gebraucht hatte. "Mit Mladen und Paolo haben wir herausragende Fußballer, die als Stürmer extrem viel mitspielen", hatte Labbadia die einstige HSV-Stärke hervorgehoben. Jetzt muss der Trainer wegen der Verletzungen seiner Techniker und der spielerischen Schwäche Bergs taktisch umdenken.

Klar ist, dass Labbadia von seinem System mit zwei Angreifern nicht abrücken will. Im Abschlusstraining im Celtic Park harmonierten zudem Jonathan Pitroipa und Berg und deuteten an, dass die Hoffnungen in sie als heutiges Sturmduo durchaus berechtigt sind. Etwas, das auch die Mitspieler registrierten und mit stetigen Komplimenten honorierten - ohne damit eine Gefühlsregung bei Berg hervorzurufen.

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