Bundesliga-Spitzenreiter HSV trotzt den Verletzungen und besiegt Stuttgart. David Jarolim sagt: “Wir sind noch enger zusammengerückt.“

Hamburg. Als der HSV das letzte Mal mit vier Siegen und einem Unentschieden in eine Bundesliga-Saison startete, hießen die Torschützen noch Kaltz, Hrubesch oder Reimann. 29 lange Jahre mussten die Hamburger Anhänger seit der Saison 1980/81, an deren Ende der HSV auf Platz zwei landete, auf einen solchen Auftakt warten. Doch dafür werden sie nun nicht nur mit Ergebnissen und Meisterträumen für ihre Geduld belohnt, sondern auch mit Fußball zum Genießen. Als die 57 000 Zuschauer am Sonnabendabend die ausverkaufte Nordbank-Arena verließen, hatten sie einen weiteren Beweis dafür erhalten, dass der HSV der Saison 2009/10 so spielstark ist wie kaum eine Mannschaft in den vergangenen Jahren.

Und nicht nur das. Die wichtigste Erkenntnis des 3:1-Sieges über den VfB Stuttgart war nicht etwa, dass der Klub zum 100. Mal seit 1963 die Tabellenführung innehat. Vielmehr lieferte das Team um Kapitän David Jarolim nach den bei ihren Länderspielen erlittenen Kreuzbandverletzungen von Paolo Guerrero und Collin Benjamin eine beeindruckende Demonstration kollektiver Stärke ab. "Kompliment an die Mannschaft. Welch großartige Moral sie hat, sah man auf dem Platz", lobte Trainer Bruno Labbadia.

Guerrero, der mit Krücken auf die Haupttribüne humpelte, sah erfreut, dass der HSV auch ohne ihn zur Hochform auflief. "Wir sind durch die Verletzungen noch enger zusammengerückt", sagte Jarolim, der wie alle seine Kollegen ein hohes Laufpensum absolvierte, bissig in die Zweikämpfe ging und durch ein effektives Pressing in der Defensivbewegung die Grundvoraussetzungen für den Sieg schaffte. "Das Team hat sich den Erfolg erarbeitet", analysierte HSV-Chef Bernd Hoffmann.

Obwohl die Mannschaft, bedingt durch die Länderspielreisen, fast zwei Wochen nicht zusammen trainieren konnte, fanden die HSV-Profis überraschend schnell wieder ihren Rhythmus und spielten die Schwaben mit zunehmender Spieldauer mit technisch feinem, temporeichen Kombinations- und Vollgasfußball teilweise an die Wand. Das 1:0 durch Mladen Petric, ein wunderschöner 20-Meter-Schuss nach Vorlage von Eljero Elia, gab dabei den Startschuss. "Je länger das Spiel dauerte, desto mehr Spaß hat es auf dem Rasen gemacht", sagte der Torschütze.

Sogar einen "Rauschzustand" machte Trainer Bruno Labbadia bei seinen Spielern nach dem 2:0 durch Elia, einem satten 22-Meter-Schuss (mit 133 km/h!), aus. Das allgemeine Hochgefühl führte allerdings zu kleineren Nachlässigkeiten, von denen eine zum 2:1 durch Pogrebnjak führte. Doch anders als früher zog sich der HSV nicht zurück, um die Führung wie einen Schatz zu verteidigen, sondern spielte weiter nach vorn. Eine Qualität, die mit Zé Robertos 3:1 nach trickreicher Trochowski-Vorlage gekrönt wurde.

So war eigentlich nur ein kleines Detail an diesem Tag nicht perfekt. Für den Fall eines Tores hatte sich Elia "God bless Paolo, Collin und Alex" als Gruß für die verletzten Guerrero, Benjamin und Silva auf ein T-Shirt geschrieben. Im Trubel vor dem Anpfiff hatte der Niederländer jedoch vergessen, es unter das Trikot anzuziehen. Ein verzeihbarer Lapsus - schließlich bedurfte es nicht eines Beweises, um zu erkennen, dass diese Spieler als Mannschaft funktionieren.

Dass der HSV selbst nach Horrormeldungen wie Guerreros Knieverletzung nicht zu stoppen ist, zeigt auf, wie stark der Kader auch hinter der Position elf geworden ist. "Wir sind als Team reifer geworden, haben in den vergangenen Wochen viel dazugelernt", sagte Trochowski.

Wie lange der Nationalspieler mit seinen Kollegen die Ausfälle kompensieren kann, ist jedoch fraglich. Der Schwede Marcus Berg ist zwar hochbegabt, aber eben noch ein Talent. Gerade im Angriff könnte ein weiterer Ausfall den "Spielkindern" des HSV die Chance für weitere kunstvolle Auftritte wie gegen Stuttgart nehmen.

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