HSV und St. Pauli kritisieren Pläne von Politik und Polizei zu reinen Sitzplatz-Arenen. Stehränge seien wichtig für die soziale Gleichheit.

Hamburg. Die jüngste Forderung von Politik und Polizei nach einer Abschaffung von Stehplätzen in Fußball-Arenen sorgt bundesweit für heftige Reaktionen. Etliche Fanbeauftragte deutscher Klubs plädierten nachdrücklich für den Erhalt der Stehränge: "Sie sind wichtig für die soziale Gleichheit im Stadion und erfüllen damit eine wichtige gesellschaftliche Funktion", hieß es in einer Erklärung. Auch die Fanorganisation "ProFans" kritisierte: "Das über Jahre immer stärkere Anziehen der Repressionsschraube hat nachweislich nicht zu Erfolgen geführt", so Pressesprecher Philipp Markhardt.

Auch bei Hamburgs Profiklubs ist man sensibilisiert und glaubt, die Diskussion führe in die falsche Richtung. "Sitzplätze lösen die Probleme nicht", glaubt Kurt Krägel, der Leiter des Stadionmanagements. Supporters-Chef Ralf Bednarek wiederum weist darauf hin, dass schon jetzt der Aufwand für Sicherheitsmaßnahmen zugenommen habe, ohne dass sich etwas geändert habe: "Wir müssen weiter auf den Dialog setzen und nicht übereinander reden."

Die 11.000 Stehplätze auf der Nordtribüne der HSV-Arena in 5500 Sitzplätze umzuwandeln ist logistisch in zwei Tagen zu bewältigen, da die Sitzschalen in jeder zweiten (Eisen-)stufe umgeklappt lagern. Die Problematik läge eher darin, einem Teil der Anhänger neue Plätze zuzuweisen.

Auch beim FC St. Pauli wird die Thematik mit besonderem Augenmerk verfolgt. "Ja, ich denke, wir betrachten die Diskussion noch etwas intensiver als andere", sagt Geschäftsführer Michael Meeske mit Blick auf das Millerntor, "wenn unser Stadionneubau abgeschlossen ist, haben wir einen Stehplatzanteil von 55 Prozent." Zwar sei ein vollständiges Umrüsten auf Sitzplätze grundsätzlich durchführbar, würde aber zu einer erheblichen Einschränkung der Kapazität führen. "Ein Sitzplatz kostet zwei Stehplätze", beschreibt Meeske den Umrechnungsfaktor, "ökonomisch wäre das kein Problem, da der Preis für einen Sitzplatz etwa dreimal so hoch ist."

Auch Sven Brux will sich nicht mit dem Gedanken an stehplatzfreie Arenen anfreunden. "Zum einen wäre eine Verbesserung der Sicherheitslage gar nicht gegeben", sagt St. Paulis Sicherherheitschef und verweist auf Beispiele aus dem Ausland: "In der Türkei, im Ostblock, Frankreich oder Italien sehe ich Sitzschalen durchs Stadion fliegen. Wenn das Stadion voll ist und es auf Tribünen mit Sitzschalen zu Bewegungen der Massen kommt, wird das viel gefährlicher."

Brux erkennt aber auch ein gesellschaftliches Problem: "Zusätzlich käme es durch die dann viel zu teuren Tickets zwangsläufig zu einem Ausschluss von Fans mit kleinerem Geldbeutel. In England gibt es bei den Besuchern mittlerweile ein ganz hohes Durchschnittsalter. Kaum junge Leute, keine Stimmung. Wir haben in Deutschland die sichersten Stadien mit großen Kapazitäten und einer meist fantastischen Stimmung. Das würde man alles mit einem Schlag kaputt machen." So hofft man am Millerntor auf den Erhalt der Stehplätze. "Wir sind strikt gegen eine Abschaffung", sagt Brux.