Bei der Versammlung des HSV am Sonntag geht es um ein Gutachten, die Briefwahl und den Aufsichtsrat. Gut 700 Gäste werden erwartet.

Hamburg. Fernando Santos Silva ist einer von denen, die ihre Ansichten gern via Internet mit anderen teilen - ein fleißiger Blogger. So war er auch im März dieses Jahres aktiv, als der Aufsichtsrat die Trennung von seinen Vorständen Bernd Hoffmann und Katja Kraus bekannt gab. Damals stellte er aus Protest und Verärgerung über die Entscheidung des Aufsichtsrates eine Petition im Internet. Relativ schnell hatte der 31-Jährige mehr als 4000 Stimmen zusammen, 5250 wären für eine außerordentliche Mitgliederversammlung nötig gewesen. Und auch die wären vielleicht erreicht worden, hätte Oliver Scheel, der Vorstand für Mitgliederbelange, nicht interveniert und das Gespräch mit dem engagierten HSV-Fan gesucht - Kompromiss war eine Informationsversammlung, die an diesem Sonntag um elf Uhr auf der Westtribüne beginnt. Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Was steckt hinter der Initiative Pro HSV, die die Versammlung erzwungen hat?

Silva: "Die Initiative ist ein Zusammenschluss aus Mitgliedern, die mit der Arbeit der Verantwortlichen nicht zufrieden sind. Unser Ziel als verantwortungsbewusste Mitglieder aufgrund der damaligen für alle nicht befriedigenden Arbeit und Außendarstellung des Aufsichtsrates ist unabhängige konstruktive Arbeit. Viele Mitglieder sind schon seit Längerem mit den Ereignissen innerhalb des Vereins unzufrieden. Dies schließt die Arbeit der Gremien ein, die eigentlich die Interessen der Mitglieder, aller Mitglieder, vertreten sollen. Nachdem die Verträge der Vorstände Kraus und Hoffmann nicht verlängert wurden, ohne eine Alternative zu haben, entwarf ich die Petition und fragte Mitglieder, ob sie mich bei der Arbeit unterstützen könnten. Dabei stellte sich schnell heraus, dass die Petition nur der Anfang sein kann, dass wir mehr machen müssen, wenn wir eine positive Veränderung im Verein wollen."

Wer nimmt an der Informationsversammlung teil?

Rund 700 Gäste werden erwartet. Neben den vier amtierenden Vorständen Carl-Edgar Jarchow, Joachim Hilke, Bastian Reinhardt, und Oliver Scheel werden auch Aufsichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff sowie seine Beisitzer Manfred Ertel und Alexander Otto auf der Bühne Platz nehmen und Fragen beantworten. Der neue Sportchef Frank Arnesen wird nicht dabei sein. Die Tagesordnung: 1. Begrüßung, 2. Informationen des Aufsichtsrates, 3. Informationen und Ausblick des Vorstandes, 4. Informationen der weiteren Vereinsorgane, 5. Informationen des Satzungsausschusses. 6. Verschiedenes.

Was sind die wichtigsten Themen?

Neben dem geheimen Gutachten des neuen Vorstandes über den alten Vorstand (das Abendblatt berichtete) wird beim HSV das umstrittene Thema Briefwahl diskutiert. Immerhin leben 31 Prozent der 70 772 Mitglieder weiter als 100 Kilometer von Hamburg entfernt. Grund genug für Silvas Initiative, sich eindeutig für die Briefwahl zu positionieren: "Das Thema Briefwahl ist das erklärte Ziel der Initiative und bietet eine große Chance für die Zukunft des HSV." Dagegen gibt es in der Abteilung der Supporters noch große Widerstände. Neben der Briefwahl wird im Satzungsausschuss zudem eine Verkleinerung des Aufsichtsrates diskutiert. Inhaltlich geht es um zwei Modelle. Zum einen soll es künftig sieben gewählte und zwei delegierte Kontrolleure geben. Als zweiten Vorschlag wurden acht Gewählte bei drei Delegierten angedacht. Wobei sich letzteres Modell ergeben könnte. Hintergrund: Bislang gab es immer einen Delegierten des HSV Ochsenzoll e. V., der seine Gemeinnützigkeit gerade verloren hat und demnächst aufgelöst werden könnte. Dieser Posten könnte wegfallen. Entschieden wird darüber frühestens am 27. Juni auf der ordentlichen Mitgliederversammlung. Pikant: Aktuell ist Aufsichtsratschef Rieckhoff dieser Delegierte.

Warum hat sich Pro HSV auf den Kompromiss einer Informationsversammlung eingelassen, obwohl dort keine Beschlüsse getroffen werden?

Für Silva war es nicht eindeutig, ob er die geforderte Anzahl von 5250 Mitgliedern erreichen würde. Er sagt: "Die fehlende Möglichkeit von Beschlussfassungen ist in diesem Fall fast nebensächlich, da wir Mitglieder erst einmal aufgeklärt werden wollen. Die Mitglieder wollten schnell informiert werden, ein satzungskonformer Abgleich der Unterschriften, wie ihn der neue Vorstand des HSV vornehmen wollte, hätte zu lange gedauert."