Mit dem Spiel gegen Mönchengladbach endet für sieben Spieler ihre Zeit beim HSV. Nicht alle Profis werden von den Fans mit Wehmut verabschiedet.

Hamburg. Für den abstiegsbedrohten Gast aus Mönchengladbach geht es um alles, beim HSV geht der Blick bereits in die Sommerpause, verbunden mit dem Wunsch nach einem versöhnlichen Ausklang vor dem Neuaufbau. Die aktiven Fans auf der Nordtribüne haben für den letzten Bundesligaspieltag unter dem Motto "Hamburg macht Urlaub" feinsinnig eine Strandparty ausgerufen. Nicht wundern also, wenn am Sonnabend Fans in Badehose zum Stadion pilgern.

Der Abschied von einer insgesamt enttäuschenden Saison wird den HSV-Anhängern nicht schwerfallen, der Verlust einiger Spieler (alle ablösefrei) umso mehr. Nicht alle Abgänger dürfen damit rechnen, am letzten Arbeitstag beim HSV neben Blumen mehr als höflichen Applaus zu ergattern. Trainer Michael Oenning hat angekündigt, auf ein Schaulaufen zu verzichten: "Ich will dem Abschiedsgedanken gerecht werden, ohne dabei die sportliche Komponente zu vernachlässigen." Man könne einen würdigen Abschied auch "ohne Auswechslungen dokumentieren". So ist ein Wechsel im Tor (Jaroslav Drobny für Frank Rost) derzeit nicht angedacht. Mit dem Fanbeauftragten René Koch verabschiedet das Abendblatt viel HSV-Prominenz - inklusive Postskriptum.

Collin Benjamin (32, 145 Spiele/13 Tore seit 1/2001): Mit dem Namibier verlässt der bei den Fans sicher beliebteste Profi den Klub. Unvergessen, als er seinen Vertrag 2006 wegen des ausgeschöpften Kontingents an Nicht-EU-Ausländer für ein halbes Jahr auflöste, damit Ailton verpflichtet werden konnte. "Collo steht für den HSV. Er hat nie vergessen, wo er herkommt ,und war überall, wo er gebraucht wurde", betont René Koch dessen Bodenhaftung. "Es müsste mehr solcher Fußballer geben."

Frank Rost (37, 148 Spiele seit 1/07): "Fäustel" genießt in der Kurve ebenfalls größte Anerkennung, nicht nur, weil er mithalf, 2007 den HSV vor dem nahen Abstieg zu retten und sportlich regelmäßig konstante Leistungen ablieferte. Am Rande der Trainingslager saß der Torwart regelmäßig lange bei den Fans. Seine unbequeme Art und sein Mut, Entscheidungen der Klubführung öffentlich zu kritisieren, sicherten ihm einen der vorderen Plätze in der Beliebtheitsskala. Koch: "Rost weiß, was den Leuten auf der Seele brennt."

Ruud van Nistelrooy (34, 35/12 seit 1/10): Mit der Verpflichtung des Weltstars wuchs die Hoffnung auf einen Titel. Umso größer war die Enttäuschung, als sich der Torjäger Anfang des Jahres vorzeitig in Richtung Real Madrid verabschieden wollte. "Ich bin selbst nicht zufrieden, hätte mir mehr Tore gewünscht", sagte der Niederländer gestern über seine Zeit in Hamburg. Nach seiner Verletzung ist der Stürmer wieder fit und darf auf einen Einsatz und Unterstützung von den Rängen hoffen. Koch: "Wichtig ist, dass er sich trotzdem zurückgekämpft und nicht schlecht über den Verein gesprochen hat."

Piotr Trochowski (27, 180/20 seit 1/05): Er wuchs in Hamburg auf und entwickelte sich hier zum Nationalspieler, wurde Repräsentant der Sponsoring-Initiative "Hamburger Weg". Doch zu einer "Liebesbeziehung" zu den Fans kam es nie so richtig, nach der Bekanntgabe seines Wechsels nach Sevilla gab es sogar Pfiffe. Der Techniker, der bei fast allen Trainern zwischen Stammplatz und Ersatzbank pendelte, beklagte häufig die fehlende Wertschätzung - vielleicht zu oft nach dem Geschmack der Basis. "Die Verbundenheit mit der Stadt und dem Klub" nennt Koch als positive Punkte bei Trochowski.

Zé Roberto (36, 53/7 seit 7/09): Mit dem Brasilianer heuerte 2009 einer der besten Fußballer der Bundesliga beim HSV an. Dank des Ballkünstlers schaffte es der HSV - was gefühlt schon eine kleine Ewigkeit her scheint - 2010 immerhin bis ins Halbfinale der Europa League, in dieser Saison konnte er den Abwärtstrend nicht stoppen. "Aus Fansicht schade, dass er nicht bleibt", glaubt Koch, und etwas Ehrfurcht klingt mit, wenn er sagt: "Aber ich bin froh, dass er bei uns gespielt hat."

Maxim Choupo-Moting (22, 23/2 seit 7/04) und Tunay Torun (21, 27/2 seit 7/06): Wieder verliert der HSV zwei junge, talentierte, gebürtige Hamburger, die in der Fremde auf ihren Durchbruch hoffen. "Ich muss bei diesen Namen an Änis Ben-Hatira denken", sagt Koch. "Änis hat bewiesen, dass es möglich ist, in den HSV-Kader zu kommen und sich hier durchzusetzen."

Postskriptum: Abgänge ohne offiziellen Abschied gibt es in jeder Saison. So wird beispielsweise der verletzte Guy Demel (Oenning: "Er hat was am Bein ...") nach 131 Spielen (zwei Tore) seit 2005 nur der Abgang durch die Hintertür bleiben. Der Ivorer (Vertrag bis 2012) hat in Hamburg keine Perspektive mehr und sucht derzeit einen neuen Klub. Ob die Fans Joris Mathijsen (ebenfalls Vertrag bis 2012) wiedersehen, ist fraglich. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Abgänge, die für die meisten Schlagzeilen gesorgt haben, am Sonnabend aber noch nicht einmal eine Nebenrolle spielen: Die Vorstände Bernd Hoffmann und Katja Kraus sowie Trainer Armin Veh und sein Assistent Reiner Geyer.