Ein Kommentar von Peter Wenig

Als Taktikfuchs galt Otto Rehhagel nie. Seine Erfolge hat der Meister-Trainer vor allem seiner eigenen Art der Menschenführung zu verdanken. Rehhagel stellte sich immer vor sein Team, schützte sogar in seiner Bremer Zeit sein einstiges Enfant terrible Mario Basler, wenn der alkoholisiert zum Werder-Training erschien. Die Spieler zahlten dieses Vertrauen regelmäßig mit guten Leistungen zurück.

Michael Oenning hat gestern einen anderen Weg beschritten. Der neue Cheftrainer des HSV kritisierte gestern sowohl Eljero Elia als auch Guy Demel öffentlich massiv - ein klarer Verstoß gegen einen Grundsatz, den nicht nur Otto Rehhagel vertritt. Für viele Trainer, unabhängig von Liga oder Sportart, ist es ein absolutes Tabu, einzelne Spieler via Medien anzugreifen. Dies, so lautet ihr Credo, vergifte das Betriebsklima.

Und doch ist Oennings Signal in diesem Fall richtig. Wie sein Vorgänger Armin Veh hat er intern wieder und wieder seine Spieler ermahnt, endlich mehr Leistung abzurufen. Wenn dann dennoch ein hoch bezahlter Spieler wie Guy Demel weiter durch Lustlosigkeit glänzt, muss als letzter Weckruf auch ein öffentlicher Rüffel erlaubt sein.

Wichtig ist jetzt allerdings, dass Oenning einen konsequenten Kurs fährt. Guy Demel war zuletzt eh entbehrlich; er gehörte nur noch zum erweiterten Stamm seines Teams. Oennings wichtiges Bekenntnis zum Leistungsgedanken muss auch für Schlüsselspieler gelten - bis hin zur Verbannung auf die Tribüne. Nur dann bleibt er glaubhaft.