Einst verlacht und sogar verboten, heute gefeiert und von den Medien hofiert: Der Frauenfußball hat in Deutschland einen steinigen Weg hinter sich.

Berlin. Von der verbotenen Liebe zum Fernsehereignis für ein Millionenpublikum: Der Frauenfußball in Deutschland hat eine beachtliche Entwicklung hinter sich - doch der Weg war lang, erniedrigend und voller Hindernisse.

Heute spielen über eine Million Frauen und Mädchen in deutschen Vereinen organisiert Fußball in dem Verband, der ihnen 25 Jahre lang diesen Sport untersagte. Notfalls auch mit Polizeigewalt: So wird das Frauenspiel zwischen DFC Duisburg-Hamborn gegen Gruga Essen am 30. Juli 1955 von der Polizei abgebrochen und der Sportplatz geräumt - gemäß offizieller Vorschrift des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Der stützte sich bei seinem Verbot auf „wissenschaftliche“ Erkenntnisse wie die von Frederik Jacobus Johannes Buytendijk. Der niederländische Anthropologe schrieb 1953 in seiner „psychologischen Studie über das Fußballspiel“, das Spiel sei „wesentlich eine Demonstration der Männlichkeit. Es ist noch nie gelungen, Frauen Fußball spielen zu lassen. Das Treten ist wohl spezifisch männlich, ob darum Getretenwerden weiblich ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist das Nichttreten weiblich.“

Vor dem Verbot hatten in Deutschland überwiegend mutige Studentinnen den Fußballsport für sich entdeckt und betrieben. Als Geburtsstunde des organisierten Frauenfußballs gilt die Gründung des ersten reinen Frauenfußballvereins 1930, als Lotte Specht den 1. DDFC Frankfurt ins Leben rief. Lange hält sie nicht durch, „weil auch die Zeitungen so gemein zu uns waren, haben einige Eltern den Mädchen das Fußballspielen verboten. Mit der Zeit wurden wir immer weniger und nach einem Jahr, tja, da war er aus, der Traum“.

Hohn und Spott, dazu die offene Ablehnung durch den DFB - die Frauen, die trotzdem dem Kick nicht entsagen wollten, waren hartnäckige Idealistinnen, die ihr Recht auf Fußball allen Widerständen zum Trotz einforderten. 1956 tragen sie das erste inoffizielle Länderspiel aus: 18.000 Zuschauer sehen in Essen das 2:1 gegen eine niederländische Auswahl, Lotti Beckmann erzielt das erste Tor.

150 inoffizielle Länderspiele später hebt der DFB 1970 das Spielverbot für Frauen auf. In erster Linie aus Angst, dass ein eigenständiger Konkurrenzverband für die Frauen dem DFB seine Alleinherrschaft im Fußball streitig machen könnte. Ein 20-m-Schuss von Bärbel Wohlleben sorgt für den nächsten Meilenstein auf dem Weg zu mehr Anerkennung: Als erste Frau gewinnt sie 1974 die Wahl zum Tor des Monats. „Es gab noch nie so viel Aufmerksamkeit wie nach diesem Tor“, sagte Wohlleben dem kicker.

Doch es sollte acht weitere Jahre dauern, bis der DFB die erste deutsche Frauen-Nationalmannschaft gründet. Gero Bisanz trainiert die Auswahl, die ihr erstes Länderspiel am 10. November 1982 gegen die Schweiz mit 5:1 gewinnt. Bei der Premiere dabei: Die heutige Bundestrainerin Silvia Neid wurde nach 40 Minuten eingewechselt und erzielte das 2:0.

Doch erst die großen Erfolge führen den deutschen Frauenfußball ins ganz große Rampenlicht. Völlig überraschend gelingt der DFB-Auswahl 1989 der EM-Triumph im eigenen Land, und 22.000 Zuschauer im ausverkauften Osnabrücker Stadion sehen das 4:1 im Finale gegen Norwegen. „Das war der Durchbruch für den Frauenfußball in Deutschland“, sagte Neid rückblickend. Die Begeisterung wächst, auch wenn der DFB als Prämie gerade einmal das legendäre Kaffeeservice auslobt.

Und spätestens seit den beiden WM-Triumphen hat der Frauenfußball in Deutschland einen Stellenwert, von dem andere Frauen-Sportarten nur träumen können - und seit Nia Künzers Golden Goal beim 2:1 im WM-Finale 2003 gegen Schweden und der Parade von Torhüterin Nadine Angerer bei Martas Elfmeter im Endspiel der WM 2007 gegen Brasilien (2:0) auch endlich gebührend gefeierte Heldinnen.