Deutschland schlägt Griechenland. Kai Schiller hätte es allerdings um ein Haar nicht - oder zumindest nicht rechtzeitig ins Stadion geschafft.

Hallo Hamburg,

auch nach einer perfekt geschlafenen Nacht nach dem Viertelfinalsieg bin ich noch immer ganz erleichtert. Was war das für ein Spiel! Aber ich hatte auch einen hohen Sieg erwartet, erleichtert bin ich vor allem deswegen, weil ich das Spiel dann doch ohne größere Komplikationen im Stadion gesehen habe. Denn das war, das kann ich ja 15 Stunden nach der Partie zugeben, ganz und gar nicht selbstverständlich. Alles fing damit an, dass ich just in dem Moment, als wir los wollten, merkte, dass ich unseren Parkschein verloren hatte. Er ist aus meiner Turnier-Akkreditierung rausgerutscht. Während der Kollege Marko (Stuttgarter Zeitung) mit der typischen Ruhe eines Schwaben auf das Malheur reagierte, bewies der Kollege Rene (Badische Zeitung), dass man auch in Freiburg ganz schön temperamentvoll sein kann.

Uns blieb aber nichts anderes übrig, als – zunächst ohne Parkschein – unser Glück zu versuchen. Die erste Kontrolle mussten wir dann rund drei Kilometer vom Stadion entfernt passieren. „Parkschein!“, forderte der nicht wirklich freundliche Polizist. „Den müssen wir noch abholen“, erklärten wir auf Englisch. Es folgte ein 45 Sekunden langer Wortwechsel, an dessen Ende der strenge Polizist unserem devoten Flehen nachgab. „An der nächsten Kontrolle kommt ihr sowieso nicht weiter“, sagte er noch – und sollte natürlich Unrecht behalten. 500 Meter später mussten wir tatsächlich das gleiche Spiel noch mal spielen, mit dem Unterschied, dass wir diesmal sagen konnten, der Kollege von der ersten Kontrolle hätte uns das Durchfahren erlaubt. Es klappte. Aber nur bis zur dritten Kontrolle, rund zwei Kilometer vom Stadion entfernt.

Der nette Herr wollte uns partout nicht weiter lassen. Doch zwei Minuten flehen, betteln und fluchen können Wunder bewirken. An der vierten Kontrolle (mit gleich fünf Polizisten) wurden wir einfach durchgewinkt, an der fünften Kontrolle (!) halfen bei der ersten Kontrolleurin ein paar nette Worte, wodurch wir es tatsächlich bis ans Stadion schafften. Dort holte dann Rene, der ganz langsam wieder zur badischen Gelassenheit zurückfand, einen neuen Parkschein, wodurch wir doch noch rechtzeitig unsere Spiel-Akkreditierungen im Stadion bekamen und eine Stunde später auf unseren Sitzen Platz nehmen konnten. Und was lernen wir aus der Geschichte? Nächstes mal muss Rene den Parkschein abholen und aufbewahren...

In dem Sinne, bis morgen,

Kai Schiller

Abendblatt-Redakteur Kai Schiller begleitet die deutsche Nationalmannschaft während der EM. Jeden Tag schreibt er einen Brief an Hamburg, heute aus Sopot bei Danzig.