Was steckt eigentlich hinter dem ganzen Kauderwelsch, dass es täglich auf den Pressekonferenzen der Europameisterschaft zu hören gibt?

Hallo Hamburg,

es soll ja wirklich Leute geben, die sich die tägliche DFB-Pressekonferenz gerne im Fernsehen anschauen. Nach meiner gefühlten 50. Pressekonferenz, kurz: PK, hier in Danzig meine ich, ein paar mehr oder weniger verbindliche Regeln erkannt zu haben. Also: die Agentur-Journalisten (sid, dpa, dapd) teilen sich meist mit den Fotografen die erste Reihe, stellen auch die meisten Fragen. Die erste Frage stellt häufig der Kollege Wolfgang Stephan (Stader Tageblatt), der dies aus guter Tradition auch bei HSV-Pressekonferenzen so macht. Gar keine Fragen stellen die Kollegen vom Boulevard (Bild, Express, Sportbild...) und von den Magazinen (Stern, Spiegel, Fokus). Die Antworten muss man häufig erst mal übersetzen. „Der Poldi hat nach vorne nicht ganz so zwingende Aktionen gehabt, dafür aber wahnsinnig gut nach hinten gearbeitet“ bedeutet eigentlich: „Der Poldi hat heute wirklich nicht so gut gespielt.“ Wenn Holger Badstuber nach seinem Verhältnis zu Mats Hummels gefragt wird, und er sagt: „Wir respektieren uns“, dann heißt das: „Wir mögen uns nicht so gerne.“ „Griechenland ist besonders defensiv sehr stark“ bedeutet: „Griechenland rührt hinten Beton an und versucht gar nicht erst, nach vorne zu spielen.“ „Wir konzentrieren uns einfach auf das nächste Spiel“ heißt: „Ich habe eigentlich keine Lust, auf Ihre Frage zu antworten.“ Und „Wichtig ist die Erkenntnis für den Trainer, dass er auf mich setzen kann“ bedeutet: „Ich kenne keinen Grund der Welt, warum ich nach diesem großartigen Spiel wieder auf die Bank sollte.“ Wer Lust hat, kann die PK heute um 12.30 Uhr mit Sami Khedira und Thomas Müller ja mal im TV oder im Internet verfolgen. Ich selbst habe einen PK-freien Tag, da ich zeitgleich einen Termin mit Manuel Neuer habe.

In dem Sinne, bis morgen,

Kai Schiller

Abendblatt-Redakteur Kai Schiller begleitet die deutsche Nationalmannschaft während der EM. Jeden Tag schreibt er einen Brief an Hamburg, heute aus Sopot bei Danzig.