Hallo Hamburg,

ich sitze gerade im Flieger von Danzig nach Charkov und bin immer noch ganz begeistert von der großartigen Partie vom Vorabend. Was war das für Spiel! Objektiv betrachtet muss man wohl festhalten, dass es bislang der sportliche Höhepunkt dieser EM war. Wenn immer davon gesprochen wird, dass es heutzutage nur noch zwei Philosophien im Weltfußball gibt, den Dominanzfußball und den Konterfußball, dann muss man nach dem gestrigen Abend bilanzieren, dass bei diesem fußballerischen Leckerbissen beide Stilrichtungen in Vollendung präsentiert wurden. Tschechien gegen Griechenland? Polen gegen Russland? Nein, die Rede ist natürlich von Team Abendblatt/ARD/Stern/TZ/Stuttgarter Zeitung/Frankfurter Rundschau/Hannoversche Allgemeine (kurz: Team1) gegen Team Sat1/Badische Zeitung/TZ/Süddeutsche Zeitung/L’Equipe/Tagesspiegel (kurz: Team2). Die Geschichte des Spiels auf einen Satz runtergebrochen: Team 1 ging durch beeindruckende Ballstafetten verdient mit 3:0 in Führung, verlor dann aber unerklärlicherweise die Kontrolle, kassierte vier Tore in Folge und traf dann doch noch kurz vor Schluss zum Ausgleich. Was dann in der Verlängerung passierte ist mit Worten nur schwer zu beschreiben. Team2 hatte den folgenschweren Fehler begangen ihre Zwei-Mann-Kette aufzulösen, was zwangsläufig zu mehr Platz für Team1 führte. Diesen nutzte der Kollege von der Stuttgarter Zeitung, der trotz einen Wadenverletzung weiterspielte, zu einem letzten Kraftakt. Ein Schuss, ein Tor – und Ende. 5:4 war also das Endergebnis an diesem ereignisreichen Abend, an den wohl noch lange zurück gedacht werden wird. Einziger Wermutstrophen: Gerüchten zufolge soll Team2 über einen offiziellen Protest bei der Uefa wegen der Unbespielbarkeit der Wiese neben dem Mannschaftshotel der Deutschen Nationalmannschaft einlegen, auch der Fakt, dass die Tore keine Netze hatten, soll nachträglich moniert werden. Ob das Spiel aber tatsächlich am grünen Tisch verhandelt wird, stand heute noch nicht fest. Es wäre ein unwürdiges Ende für einen großartigen Fußballabend.

In dem Sinne, bis morgen,

Kai Schiller