Beim 4:1-Sieg gegen Tschechien sollen Fans der Sbornaja den dunkelhäutigen Spieler beleidigt haben. Die Uefa hat ein Verfahren eingeleitet.

Breslau. Ballett auf dem Rasen, Affenlaute auf den Rängen: Die russische Fußball-Nationalmannschaft weckt leichtfüßig und beschwingt beste Erinnerungen an die EM 2008 - doch die Entgleisungen der Fans trüben die Lust an der Sbornaja gewaltig. Die Europäische Fußball-Union (Uefa) gab am späten Freitagabend bekannt, ein Disziplinarverfahren gegen den russischen Verband eingeleitet zu haben. Der Vorwurf: Rassismus, Feuerwerkskörper und unflätige Plakate beim 4:1 gegen Tschechien .

Die Ermittlungen, teilte die Uefa mit, beziehen sich allerdings zunächst "auf das Abbrennen und Werfen“ pyrotechnischer Gegenstände sowie das Zeigen unerlaubter Transparente. Doch es wird auch untersucht, ob der dunkelhäutige tschechische Spieler Theodor Gebre Selassie rassistisch beleidigt worden ist. "Man hat Affenlaute einiger russischer Fans gegenüber Theodor Gebre Selassie gehört“, sagte Rafal Pankowski, der der polnischen Vereinigung Never Again angehört. Diese ist Teil der Organisation Football Against Racism in Europe (FARE), die den Vorfall gemeldet hatte.

Der Verband hat das Verhalten seiner Fans am Sonntag scharf verurteilt. "Einige unserer Anhänger, die das Auftaktspiel der EM 2012 besuchten, haben sich mit ihrem unehrenhaften Verhalten ins Abseits gestellt“, hieß es in einer Mitteilung: "Wir appellieren an all unsere Fans, die sich in Polen befinden: Bitte, denkt daran, dass Ihr unser Land repräsentiert. Respektiert Euch, Euer Mutterland und Eure Mannschaft.“

Auch rund um das Stadion in Breslau machten die russischen Anhänger Probleme. Vier Ordner wurden von einer Fangruppe heftig attackiert und mit Tritten und Schlägen verletzt. Im Vorfeld des Spiels waren außerdem vier russische Fans festgenommen worden, weil sie in der Altstadt von Breslau eine Schlägerei angezettelt hatten.

Russen nehmen EM-Endspiel ins Visier

Ungeachtet der Vorfälle nahmen die russischen Spieler nach ihrer starken Vorstellung schon das EM-Endspiel in Kiew ins Visier. "Für uns war es der erste von fünf Schritten auf dem Weg ins Finale“, sagte Doppeltorschütze Alan Dsagojew. "Dieser Sieg“, ergänzte er mit einem frechen Grinsen, "war für einige sicher sehr beeindruckend.“ Es war, schrieb die tschechische Zeitung Daily Sports, "als ob man dem russischen Bären sagt: Hier sind wir, esst uns.“

Die überforderten Tschechen um ihren hilflosen Weltklasse-Torhüter Petr Cech waren mit dem Ergebnis gut bedient. Schnell wurden Erinnerungen an 2008 wach, als die Russen ebenfalls mit der Eleganz eines Tanzensembles bis ins Halbfinale der EM gestürmt waren und nach einem Sieg gegen die Niederlande dort erst vom späteren Champion Spanien gestoppt wurden.

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In nur 90 Minuten hat sich die Sbornaja in den Kreis der EM-Favoriten katapultiert. Dick Advocaat, ganz der gewiefte Trainer, dämpfte freilich die Euphorie. "Am Ende reckt man die Trophäe in die Höhe, nicht schon jetzt. Sicher gibt es Momente, in denen wir noch besser sein müssen.“ Aber, ergänzte er: "Ich bin überzeugt, dass uns das auch gelingen wird.“

Am Dienstag geht es im Nationalstadion von Warschau gegen Co-Gastgeber Polen, der nach dem 1:1 gegen Griechenland unter Druck steht. "Das ist ein schönes Stadion“, sagte Advocaat und wich Einschätzungen über die Polen aus: "Ich muss mir erst ihr Spiel ansehen. Wir sind erstmal sehr froh über unseren ersten Sieg.“ Über das Verhalten der Fans konnte er nicht froh sein.