Polen eröffnet am Freitag um 18 Uhr gegen Griechenland das Turnier. Die Bundesliga-Stars des Gastgebers träumen schon vom großen Wurf.

Warschau. Die große EM-Party in Polen lässt noch auf sich warten, zumindest der Kapitän aber ist schon bereit. „Wir können es wie Griechenland 2004 schaffen! Das ist mein großer Traum. Ich will bis zum Ende um den größten Preis mitspielen“, sagte Jakub Blaszczykowski. Der Dortmunder wird den Co-Gastgeber am Freitag beim Eröffnungsspiel gegen die Griechen mit stolzgeschwellter Brust ins Warschauer Nationalstadion führen, und 38 Millionen Polen werden mit ihm träumen.

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Allerdings ist von EM-Stimmung in der Hauptstadt bislang wenig zu spüren. Wegen des bevorstehenden Feiertages bevölkerten zwar Tausende Partygänger die prachtvolle historische Altstadt bis in den frühen Donnerstagmorgen, rot-weiße Fahnen oder Fanhüte waren aber kaum zu sehen. Auch die Fans aus ganz Europa trudeln erst so langsam ein. Immerhin bessert sich das zuletzt bescheidene Wetter allmählich: Am Freitag soll es sonnig und 23 Grad warm werden.

Robert Lewandowski kann den Anpfiff kaum erwarten. „Ein großes Turnier im eigenen Land - das ist die Chance unseres Lebens“, sagte er, „ganz Polen wird davon profitieren.“ Vor allem der Stürmer und seine beiden Dortmunder Meisterkollegen Blaszczykowski und Lukasz Piszczek tragen in den kommenden Wochen die Hoffnungen eines ganzen Landes.

Immerhin 28 Prozent der Polen sind einer Online-Befragung der großen Boulevardzeitung Fakt davon überzeugt, dass die „Bialo-czerwoni“, die Weiß-Roten, Europameister werden. Das große Web-Portal Onet schrieb am Donnerstag: „Nun ist es kein Spaß mehr. Es sind nicht mehr Jahre, Monate, Wochen oder Tage. Es sind nur noch Stunden bis zum Eröffnungsspiel.“

Nationaltrainer Franciszek Smuda versucht seit Wochen, den wachsenden Druck von seiner jungen Mannschaft, der zweitjüngsten im Turnier nach der deutschen, fernzuhalten. „Uns fehlen die großen Stars. Wir können nur als Team etwas erreichen. Das Ziel ist klar: Wir wollen die Gruppe überstehen“, sagte Smuda: „Ich hoffe, dass dieses Team dem Turnier seinen Stempel aufdrücken kann.“

Zumindest in das Eröffnungsspiel, das in mehr als 200 Länder übertragen wird, gehen die Polen als Favorit, obwohl Smuda auch diese Rolle den Griechen zuschiebt. Sie sind als 15. in der FIFA-Weltrangliste 47 Plätze höher notiert als die Polen, die zumindest nach dem Ranking des Weltverbandes das schwächste der 16 EM-Teams stellen. Doch die Gastgeber sind eingespielt, in Topform, sie sind seit sechs Spielen unbesiegt und gewannen die letzten drei ohne Gegentreffer.

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Derweil treten die Griechen erstmals seit dem 1. Juli 1994 (0:2 bei der WM in den USA gegen Nigeria) ohne Trainer Otto Rehhagel bei einem großen Turnier an, und sie wollen erneut den Partyschreck spielen. „Wir sind nicht arrogant, aber wir fürchten nichts und niemanden. Wir haben 2004 schon mal einem Gastgeber die Party versaut, und ich hoffe, dass wir es wieder tun werden“, sagte Verteidiger Giorgos Tzavellas.

2004 hatten die Griechen unter „König Otto“ als Höhepunkt eines sensationellen Siegeszugs im Finale den Gastgeber Portugal bezwungen. Rehhagels Nachfolger ist der Portugiese Fernando Santos, der sich auf eine normalerweise sehr stabile Defensive verlassen kann. Seit Santos’ Amtsantritt im Sommer 2010 hat die Mannschaft erst einmal verloren (1:3 gegen Rumänien). Nicht von ungefähr kündigte der Coach an, im Eröffnungsspiel auf Sieg spielen zu lassen.

Das will auch Smuda, und er setzt dabei vor allem auf Lewandowski. Der Angreifer, der mit seinen 22 Toren maßgeblichen Anteil an der zweiten Dortmunder Meisterschaft in Folge hatte, genießt gewaltige Wertschätzung - nicht nur bei den Gruppengegnern Griechenland, Russland und Tschechien, sondern auch beim gebürtigen Polen Miroslav Klose. „Ich habe seinen Werdegang verfolgt, er ist ein Superspieler“, sagte der DFB-Torjäger: „Ich habe großen Respekt vor ihm.“

Die Polen präsentierten sich zuletzt aber vor allem als funktionierende Einheit, auch wenn dies nicht alle wahrhaben wollten. Die vom ehemaligen Nationaltorwart Jan Tomaszewski angestoßene Diskussion über „Ausländer“ im Team wie den Bremer Sebastian Boenisch oder den in Frankreich geborenen und lebenden Ludovic Obraniak war eines der wenigen störenden Elemente im Vorfeld der Endrunde.

Auch die gefürchteten polnischen Hooligans hielten sich zuletzt zurück. Dass sie das Eröffnungsspiel stören könnten, ist wegen der scharfen Sicherheitsvorkehrungen so gut wie ausgeschlossen. „Was uns am meisten besorgt, ist das Verhalten der Fans auf öffentlichen Plätzen und in den Fanzonen“, sagte Jacek Zalewski aus dem Innenministerium. Die Fanzone in Warschau öffnete am Donnerstagnachmittag ihre Tore. (sid/HA)