Frankfurt/Main. Der Ex-Bayern-Coach erhält einen Vertrag bis zur Heim-EM 2024. Anfang September wird er die Mannschaft das erste Mal betreuen.

Das Bild, das der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Dienstag nach der Vertragsunterschrift von Hans-Dieter Flick, genannt Hansi, in die sozialen Medien sendete, wirkt unspektakulär. Der 56-Jährige sitzt an einem hellen Schreibtisch, sein aufgeknöpftes Hemd strahlt weiß, das Sakko setzt sich in Schwarz ab. Vor ihm liegt der gerade unterzeichnete Vertrag bis zur Heim-EM 2024. Nach diesem Sommer übernimmt der gebürtige Heidelberger das Amt von Joachim Löw. Hansi Flick wird neuer Bundestrainer.

Die vielen Geschichten, die das Bild erzählt, sind jedoch bemerkenswert. Denn vor nicht einmal zwei Jahren hätte wohl niemand prophezeit, dass der DFB im Mai 2021 ein Foto verbreitet, auf dem Flick als kommender Bundestrainer lächelt. Lange werkelte er vor allem in der zweiten Reihe. Erst im November 2019 spülte der FC Bayern seinen bisherigen Co-Trainer an die vorderste Front.

Hansi Flick verzeichnete große Erfolge in letzten 18 Monaten

Flick nutzte seine große Chance auf dem zweitwichtigsten Trainerposten in Deutschland, wuchtete innerhalb von 18 Monaten mit den Bayern insgesamt sieben Trophäen in die Luft. Darunter 2020 die für den Triumph in der Champions League – und zuletzt am zurückliegenden Wochenende die Schale für die 31. Meisterschaft in der Clubhistorie.

Nun übernimmt Flick den wichtigsten Trainerposten in seinem Heimatland in einer Phase, in der sich der DFB sportlich auf der Suche nach sich selbst befindet. Die Defensive schwankt. In der Offensive schlummert zwar gewaltiges Potenzial, das jedoch noch nicht nachhaltig herausgekitzelt wurde. Den Umbruch hat Joachim Löw daher vor der wichtigen Europameisterschaft, die am 11. Juni beginnt, gestoppt und die erfahrenen Thomas Müller und Mats Hummels zurückbeordert.

Flick vergisst die Menschlichkeit nicht

Die Aufgabe könnte Flick noch einige Kopfschmerzen bereiten. Er wird Deutschlands beste Fußballer erstmals am 2. September beim WM-Qualifikationsspiel in Liechtenstein betreuen. Keine anderthalb Jahre später steigt dann schon die Winter-WM in Katar. Den FC Bayern formte Flick zu einer aggressiven Pressing-Mannschaft, durch die Balljagd erdrückten die Münchener viele Gegner. Die Profis schwärmten vom nahbaren Typen an der Seitenlinie, der bei all dem Druck die Menschlichkeit nicht vergisst. In dieser Saison taumelte jedoch die Defensive durch das hohe Aufrücken regelmäßig.

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„In der Zeit bei Bayern München hat er gezeigt, wohin er eine Mannschaft als Cheftrainer führen kann“, sagt Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff daher. Die menschlichen und fachlichen Qualitäten von Hansi Flick kenne er seit den gemeinsamen Jahren beim DFB. „Wir haben ein großes gemeinsames Ziel: zurück an die Weltspitze.“

Hansi Flick: „Ich bin sehr glücklich“

Flick hat die Entwicklung der Nationalmannschaft bereits nach dem Sommermärchen 2006 als Assistent von Löw bis zum WM-Erfolg 2014 mitgestaltet. Nach dem großen Triumph arbeitete er als DFB-Sportdirektor weiter. 2017 versuchte er sich als Geschäftsführer Sport bei der TSG Hoffenheim, scheiterte jedoch, ehe der FC Bayern anklopfte. Jetzt folgt die Rückkehr zum DFB, diesmal steht er in der ersten Reihe.

„Es ging jetzt doch alles für mich überraschend schnell mit der Unterschrift, aber ich bin sehr glücklich“, erklärt Flick. „Ich sehe die Klasse der Spieler, gerade auch der jungen Spieler in Deutschland. So haben wir allen Grund, die kommenden Turniere, zum Beispiel die Heim-EM 2024, mit Optimismus anzugehen.“

Flick erhält rund fünf Millionen Euro pro Jahr

Das Jahresgehalt Flicks soll bei rund fünf Millionen Euro liegen. Zudem wird die deutsche Nationalmannschaft wahrscheinlich zu einem Freundschaftsspiel beim FC Bayern antreten, da der Verein seinen Trainer trotz eines noch gültigen Vertrags bis 2023 freigegeben hat. Nur so konnte am Dienstag das eigentlich schnöde Bild von Hansi Flick geknipst werden, das so viele Geschichten erzählt.