Leipzig. Schlechter Saisonstart: Auch mit ihrem neuen Trainer Manuel Baum geht der FC Schalke 04 bei RB Leipzig unter.

Die Reise nach München trat Jochen Schneider am Sonntagmorgen gar nicht mehr an. Der Sportvorstand des FC Schalke 04 sollte an einer Sky-Talkshow teilnehmen, wurde dann aber nur zugeschaltet. Am Tag nach der 0:4 (0:3)-Niederlage bei RB Leipzig hatte Schneider in Gelsenkirchen genug zu tun. Die Probleme bleiben vielfältig – und auch der Trainerwechsel von David Wagner (38) zu Manuel Baum (41) in der vergangenen Woche hat daran zunächst wenig geändert.

„Der Trend“, sagte Schneider, „ist seit Januar alarmierend und fatal. Die Situation geht mir sehr, sehr nahe.“ Die Horror-Statistiken werden von Woche zu Woche schlimmer: 19 Liga-Spiele in Folge ohne Sieg – Vereinsnegativrekord. Drei Spiele, drei Niederlagen, 1:15 Tore – nie ist eine Mannschaft in der Bundesliga schlechter gestartet.

Manuel Baum trieb seine Mannschaft unermüdlich nach vorn

Auch Manuel Baum konnte drei Tage nach seinem Amtsantritt keine Wunder vollbringen. Unermüdlich trieb er seine Mannschaft nach vorn, deutlich aktiver als Vorgänger Wagner. Doch er bekam in 90 Minuten sämtliche Probleme vorgeführt, die Schalke seit acht Monaten verfolgen.

Die Leipziger kamen nach Can Bozdogans Eigentor (31.) vor 8500 Zuschauern durch Angelino (35.), Willi Orban (45.) und Marcel Halstenberg (80., Handelfmeter) zu drei weiteren Treffern, aber sie hätten auch zweistellig gewinnen können. „Heute hätten die Jungs auch ohne Matchplan gewonnen, weil sie so gallig waren“, sagte Julian Nagelsmann. Leipzigs Trainer hatte in der Offensive auf seine drei Edeltechniker Emil Forsberg, Dani Olmo und Christopher Nkunku statt auf nominelle Stürmer gesetzt. Das Trio berauschte sich am eigenen Spiel und führte die Schalker phasenweise nach Belieben vor.

Gallig zu sein genügt aktuell, um die Schalker mit einer hohen Niederlage nach Hause zu schicken. Die Schwächen in der Abwehr sind dramatisch, welche Taktik auch immer welcher Trainer auch immer wählt. Auch in der Offensive gelang Schalke wieder wenig. Es gibt nur wenige schnelle Spieler im Kader. „Die Qualität, die wir auf den Platz bringen, ist nicht gut“, resümierte Baum nach seinem missratenen Debüt enttäuscht. Nach Bozdogans Eigentor „gingen die Köpfe runter, dann begannen die Selbstzweifel“, beobachtete Baum.

Frederik Rönnow war Schalkes einziger Gewinner

Er ist noch nicht einmal eine Woche da – und auch ihn holen zwei übliche Fragen ein. Die erste: Wer steht im Tor? Ralf Fährmann musste zur Pause verletzt ausgewechselt werden, er hatte in fünf Halbzeiten 14 Gegentore kassiert. Sein Vertreter Frederik Rönnow, erst am Mittwoch im Tausch mit Markus Schubert von Eintracht Frankfurt gekommen, feierte ein starkes Debüt. Er war Schalkes einziger Gewinner.

„Rönnow hat seine Sache ganz gut gemacht“, lobte Baum. Und es kann sein, dass der Däne in zwei Wochen, wenn Union Berlin nach Gelsenkirchen kommt (Sonntag, 18 Uhr/Sky), sogar die neue Nummer eins ist. Auf dieses Spiel gegen Berlin setzt Schneider: „Es geht für uns jetzt allein darum, im nächsten Spiel Paroli bieten zu können. Das Problem hat etwas mit der Birne zu tun. Die Jungs haben eine Blockade, die wir lösen müssen.“

Die Länderspielpause will er nun zur intensiven Arbeit mit dem Kader nutzen. Ganz oben auf der Liste steht dabei: alles. „Ich würde da nicht priorisieren. Konzentrieren wir uns nur auf die Defensive, fällt das wichtige Verhalten mit Ball weg“, erklärte Baum. Einer, der wahrscheinlich nicht mitwirken kann, ist Suat Serdar. Und das ist die zweite Frage, der sich auch Baum stellen muss: Warum gibt es immer noch muskuläre Verletzungen wie diese?

Serdar hatte sich einen Tag vor dem Spiel in Leipzig fit gemeldet, obwohl er nur zwei Wochen zuvor im Spiel in München (0:8) wegen einer Oberschenkel-Blessur ausgewechselt worden war. In Leipzig zwickte nach 21 Minuten dieselbe Stelle. „Die medizinische Abteilung und Suat haben grünes Licht gegeben“, sagte Baum. Das letzte Wort darüber ist bei den Königsblauen noch nicht gesprochen.

Schalke versucht noch auf dem Transfermarkt aktiv zu werden

Das gilt auch für die Zusammenstellung des Kaders. Noch bis heute kann Schneider Spieler abgeben oder verpflichten. Und das hat er vor. Einfach wird das aber nicht. „Wir sind nicht auf dem Fahrersitz“, sagte er. Was er damit meinte: Bevor Schalke selbst tätig werden kann, müssen erst Spieler abgegeben werden. Kandidaten gibt es einige: Sebastian Rudy könnte zur TSG Hoffenheim zurückkehren, für Ozan Kabak, Rabbi Matondo und Matija Nastasic gibt es lose Anfragen.

Schalke selbst benötigt dringend einen rechten Verteidiger, Danny da Costa von Eintracht Frankfurt ist aber nicht Schneiders Topkandidat. Der Sportvorstand predigt finanzielle Vernunft: „Wir brauchen nicht nur die Balance auf dem Spielfeld, sondern auch bei den wirtschaftlichen Zahlen.“ Baum mischt sich in die Aktivitäten noch nicht lautstark ein. Mit der Vorbereitung der Trainingseinheiten ist er ausreichend beschäftigt. „Es steckt Potenzial in der Mannschaft“, sagte er. Seine Ausgangsposition ist dankbar: Schlechter kann es nicht werden.