Hamburg. Der Bundestrainer hat als Erster im The Fontenay eingecheckt und spricht über seine Verletzung. Im Kader läuft ein Ex-HSVer vorweg.

Joachim Löw ist der Erste, der ankommt im Hotel The Fontenay Hamburg. Dunkelblaue Jeans, weinrotes T-Shirt, die Hände in den Taschen – so spaziert der Bundestrainer in das Luxushotel, das Klaus-Michael Kühne gebaut hat, jener Milliardär, der vor allem als Investor beim Zweitligisten HSV bekannt ist.

Ab 350 Euro kostet eine Übernachtung hier an der Außenalster, aber Löw, der im Wagen eines Sponsors vorgefahren wird, muss sich über solche Summen ja keine Sorgen machen. Der 59-Jährige gibt sich entspannt, schreibt noch Autogramme, bevor er im Hotel verschwindet. Von der Sportverletzung, derentwegen Löw die zurückliegenden Länderspiele gegen Weißrussland (2:0) und Estland (8:0) verpasste, ist ihm nichts mehr anzumerken.

„Mir geht es gut“, sagt der Bundestrainer, der sich mit seiner Mannschaft in der Hansestadt auf die Spiele gegen die Niederlande am Freitag und in Nordirland am Montag (jeweils 20.45 Uhr/RTL) vorbereitet. „Ich bin mit großer Vorfreude angereist, weil die Mannschaft im Juni alleine war und ich manche Spieler seit März nicht mehr gesehen habe. Von daher freue ich mich sehr, und ich glaube, es wird eine spannende und interessante Woche.“

Joachim Löw war eine Hantel auf die Brust gefallen

Und eine angenehmere für den Bundestrainer als die vergangene Länderspielpause: Dass er tatenlos zu Hause saß, „würde ich nicht mehr gerne so erleben wollen“, erzählt Löw. „Ich hätte nicht geglaubt, dass die Anspannung so groß ist, auch wenn es gegen Gegner wie Estland ging, gegen die man einen Sieg erwartet. Du bist zu Hause, deine Jungs spielen und du kannst keinen Einfluss nehmen – das ist schon komisch. Die Anspannung war größer als am Spielfeldrand.“

Auf dem Platz wird die Mannschaft erstmals am Dienstagvormittag stehen, trainiert wird in den kommenden Tagen im Millerntorstadion des FC St. Pauli. „Es geht jetzt gegen die beiden stärksten Gruppengegner“, meint Löw. „Nordirland ist Tabellenführer, noch keinen Punkt verloren. Die Niederlande sind auch stark.“ Was auch bedeutet: „Wenn wir beide Spiele gewinnen, können wir sicherlich einen großen Schritt machen.“

Löw erklärt auch noch einmal, weshalb genau er im Juni fehlte: Vor einigen Monaten war ihm eine Hantel auf die Brust gefallen und hatte das Brustbein gebrochen. „Das war nicht das allergrößte Problem, aber eine Arterie war eingerissen und hat für Durchblutungsstörungen gesorgt“, sagte der 59-Jährige. „Von daher war es nicht so ungefährlich. Aber es war auch schnell wieder behoben.“

Als erster kam ein Ex-HSV-Profi am Fontenay an

Jonathan Tah ging gewissermaßen voran, zumindest war der Profi von Bayer Leverkusen der erste Nationalspieler, der am Montagabend am Hamburger Hotel The Fontenay ankam. Vielleicht war es ja auch die besondere Verbundenheit zu diesem Ort, die den Abwehrspieler dazu bewogen hatte früh anzureisen. „Ich freue mich sehr, hier in Hamburg zu sein“, sagte Tah. „Das ist immer noch Heimat für mich, ich komme gerne hierher. Und freue mich auch, dass wir in dem Stadion spielen.“

Dieses Stadion ist das Volksparkstadion, das der 23-Jährige gut kennt, mit dem er aber nicht nur gute Erinnerungen verbindet: Fünf Jahre spielte er in der Jugend des HSV, im August 2013 feierte er sein Pflichtspieldebüt bei den Profis. Unter dem damaligen Trainer Bert van Marwijk entwickelte er sich zum Stammspieler, unter dessen Nachfolger Mirko Slomka verlor er diesen Platz wieder, begleitet von einigen unschönen Nebengeräuschen. So gelangte etwa der Vertrag des damals 18-Jährigen an die Öffentlichkeit, zudem lieferten sich der Club und Tahs Vater öffentliche Reibereien.

Tah wechselte erst leihweise zu Fortuna Düsseldorf und im Sommer 2015 zu Bayer Leverkusen, wo er zum Nationalspieler reifte. Und weil Thilo Kehrer und Antonio Rüdiger verletzt fehlen, hat der Innenverteidiger gute Chancen, gegen die Niederlande und Nordirland in der Startelf zu stehen – was er so kommentierte, wie es jeder rhetorisch geschulte Fußballprofi tut: „Ich versuche immer Gas zu geben und mich anzubieten“, sagte Tah. „Ich möchte natürlich spielen - aber das entscheidet der Trainer.“

Bierhoff: "Holland ist natürlich wirklich ein Brocken"

Der ist in den kommenden Tagen wieder dabei, anders als zuletzt im Juli, als er die Länderspiele gegen Weißrussland (2:0) und Estland (8:0) verletzt verpasste. „Das ist enorm wichtig“, sagte Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff. „Wir haben ihn auf jeden Fall vermisst, auch wenn es erfolgreich war und Marco Sorg ihn richtig gut vertreten hat.“ Nun aber übernimmt der Chef wieder – und er könnte mit Siegen gegen die wohl schwersten Gruppengegner einen gewaltigen Schritt in Richtung Qualifikation für die EM 2020 machen. „Ich würde es mir wünschen“, sagte Bierhoff dazu. „Aber Holland ist natürlich wirklich ein Brocken. Nach der Sommerpause weiß man nie, wo man steht und Holland sicher die etwas erfahrenere Mannschaft.“

Das Hinspiel allerdings hatte die verjüngte deutsche Mannschaft 3:2 gewonnen. „Deswegen bin ich zuversichtlich, dass es vor dem Hamburger Publikum, wo wir beim letzten Mal auch ein tolles Spiel hatten, hinhauen wird“, meinte Bierhoff. Im Oktober 2016 hatte es in der Hansestadt einen 3:0-Sieg gegen Tschechien gegeben – ein Ergebnis, das gegen die Niederlande eher nicht zu erwarten ist. „Ein Topgegner“ sei das, so Bierhoff, das haben wir in den letzten Jahren wirklich gespürt. Das wird hier besonders schwer.“