London. Ausschreitungen im und um das Stadion hatten das Spielgeschehen in den Hintergrund gerückt. Englands Presse übt harsche Kritik.

Peter Stöger schüttelte den Kopf. Nein, er wolle jetzt nicht über die Fans des 1. FC Köln sprechen, sagte der Trainer am Ende eines turbulenten Abends in London – noch nicht. Zu unübersichtlich war die Gemengelage rund um den Auftritt beim englischen Topclub FC Arsenal gewesen. Man werde, so teilten die Kölner mit, die Informationen sachlich aufarbeiten und dann Stellung nehmen.

Der erste Auftritt des FC auf internationaler Bühne seit 25 Jahren hatte eine 1:3 (1:0)-Niederlage gebracht, bei der sich das Bundesliga-Schlusslicht gut verkaufte. Allerdings bestimmte nicht nur das Sportliche die Schlagzeilen an diesem Abend.

Mit einer Stunde Verspätung war die Begegnung angepfiffen worden, nachdem Chaos vor dem Stadion zu großen Verzögerungen beim Einlass geführt hatte. Die Gründe hierfür waren wohl vielschichtig, und sie wurden von der internationalen Presse durchaus unterschiedlich ausgelegt.

Rund 15.000 FC-Fans waren nach London gereist und seit dem Mittag friedlich und lautstark durch die Hauptstadt gezogen. Am Abend allerdings warf ein kleiner Teil dieser Massen mit seinem Fehlverhalten zum wiederholten Mal ein schlechtes Licht auf den Club. Zunächst versuchten etwa 50 Chaoten, gewaltsam einen Eingang des Stadions zu stürmen. Auch vor dem Anpfiff in der Arena kam es noch zu Auseinandersetzungen mit Ordnern, zudem wurden Bengalos gezündet.

Harte Kritik von der Presse

„Die Fans, die so etwas machen, schaden dem Verein“, sagte Torhüter Timo Horn: „Ich hoffe, dass solche Dinge nicht mehr vorkommen.“ Dem Club dürften nun Konsequenzen drohen. All die genannten Vorfälle hatten die Ordnungskräfte in London allerdings relativ schnell unter Kontrolle gebracht, eine echte Eskalation fand nicht statt.

Dennoch wurde dieser Abend etwa in der englischen Presse ziemlich unterschiedlich bewertet. Während der Boulevard von der „Nacht der Schande“ berichtete, von Auswärtsfans, die beinahe eine Spielabsage provoziert hatten, und Vergleiche mit den großen Hooligan-Problemen der Achtzigerjahre zog, hatten die „leiseren“ Zeitungen das Geschehen anders beobachtet.

So schrieb der Guardian von einer „intensiven Fußball-Nacht, die aber nie wirklich zu kippen schien“, daran hätten auch die vereinzelten „leichteren Gewaltausbrüche“ nichts geändert. Vielmehr hinterfragte das Blatt die Arbeit der Sicherheitskräfte. Diese seien „gewarnt“ gewesen, dass Tausende Kölner kommen würden, „aber nicht vorbereitet“. So seien in der vergangenen Woche sogar bei einem Zweitligaspiel bessere Vorkehrungen getroffen worden, um die deutlich überschaubareren Massen zu ordnen.

Arsenal räumt Scheitern ein

Der FC Arsenal räumte am Freitagmorgen das Scheitern seiner Sicherheitsvorkehrungen ein. „Die Sicherheit der Fans war stets unsere Maxime. Wir haben alle Maßnahmen getroffen, die verhindern sollten, dass Eintrittskarten an Gästefans gegeben werden. Aber viele Karten wurden auf dem Schwarzmarkt verkauft. Das ist sehr enttäuschend“, teilte der Verein am Freitag mit.

Im Londoner Emirates Stadium waren am Donnerstag weit mehr FC-Fans als die von Arsenal kontingentierten 2900, viele von ihnen im Heimbereich. Insgesamt sollen sich rund 15.000 Kölner in der Stadt aufgehalten haben. Einige versuchten vor dem Anpfiff einen Blocksturm, der Anpfiff wurde um eine Stunde verschoben – jedoch nicht oder nicht nur deshalb. Ein Arsenal-Sprecher bestätigte auf Anfrage, dass „Stau“ im Zuge der Ticketprüfung der Hauptgrund für die Verschiebung gewesen sei.

Uefa leitet Ermittlungen ein

Die Engländer hatten lediglich 2900 Gästetickets zur Verfügung gestellt, wollten aber auch Kölnern mit Karten für den restlichen Stadionbereich den Eintritt untersagen. Diese hätten dann „erhebliche Störungen rund um das Stadion verursacht“. Die Metropolitan Police teilte letztlich mit, sie habe im Laufe des Abends fünf Fußballanhänger in Gewahrsam genommen.

Der FC Arsenal kündigte eine „eingehende Untersuchung“ der Vorfälle an. Die Gunners seien bereit, für die Zukunft daraus zu lernen.

Die Europäische Fußball-Union (Uefa) hat eine Untersuchung der Vorfälle eingeleitet. Dem 1. FC Köln werden Zuschauer-Ausschreitungen, Abbrennen von Feuerwerkskörpern, Werfen von Gegenständen und Sachbeschädigung zur Last gelegt. Gegen Arsenal wird ermittelt, weil der Zugang zum Gästeblock versperrt wurde. Die Uefa-Disziplinarkommission wird sich am kommenden Donnerstag mit dem Fall beschäftigen.