Gelsenkirchen/Hamburg. Sechsstellige Ablösesumme: Schalkes neuer Trainer kommt wie seine Vorgänger mit Vorschusslorbeer. Bleibt Tedesco länger als ein Jahr?

Dieser Julian Nagelsmann ist die Benchmark im deutschen Fußball, der Maßstab in Person, die sichere Bank auf der Bank. Nach Hoffenheims Jungtrainer soll sich ja bereits Borussia Dortmund erkundigt haben sowie der FC Bayern München. Und so nimmt es nicht wunder, dass auch beim krisengeplagten FC Schalke 04, der Trainer Markus Weinzierl nach, wohlgemerkt: nach Ende der Saison herausgeworfen hat, der Name Nagelsmann widerhallt. Dabei kam der nicht als Weinzierl-Nachfolger in Frage.

Doch Schalkes neuer Domenico Tedesco (31) musste den Vergleich mit Nagelsmann aushalten. Und das tat er bestens. Tedesco, der Erzgebirge Aue vor dem Zweitliga-Abstieg bewahrte, ist jung, kommunikativ, taktisch extrem versiert. Die Trainer-Ausbildung bestand er mit der Note 1,0 und ließ dabei Nagelsmann hinter sich.

Tedesco kommt wie Nagelsmann aus Hoffenheim

Tatsächlich war Tedesco bis Aue Jugendtrainer beim VfB Stuttgart und der TSG Hoffenheim. "Er ist ja erst drei Jahre im Profibereich. Schalke ist nicht ganz so einfach, da sind hohe Erwartungen und ein gewisser Druck", sagte Bundestrainer Joachim Löw. "In Aue hat er in der kurzen Zeit sehr gute Arbeit gemacht."

Der Musterschüler soll Schalke 04 wieder in die Bundesliga-Spitze zurückführen. Sein Vertrag gilt bis 2019. Doch was das gilt oder heißen kann, weiß man in der Branche seit Jahren. Nach nur einem Jahr trennten sich die Gelsenkirchener am Freitag von Weinzierl.

Schalker zahlen Ablösesumme

„Wir haben die gesamte Saison auf den Prüfstand gestellt, um die Basis für eine möglichst erfolgreiche kommende Saison für den FC Schalke 04 zu legen“, sagte Sportvorstand Christian Heidel. „Das Ergebnis unserer Überlegungen ist, dass wir Veränderungen vornehmen müssen, um die von uns gewollte Entwicklung vorantreiben zu können. Dies beinhaltet auch eine Neubesetzung der Position des Chef-Trainers.“ Diese Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen.

Tedesco habe die Schalker in den Gesprächen überzeugt. Er hatte in Aue eine Ausstiegsklausel, sein Vertrag wurde nach Angaben der Sachsen aufgelöst. Nach dpa-Informationen zahlt der FC Schalke 04 eine Ablösesumme im sechsstelligen Bereich für den Trainer.

Manager Heidel trägt Mitschuld

Gerade aus dem Familienurlaub in Florida zurückgekehrt, informierte Heidel den von ihm im vorigen Sommer aus Augsburg verpflichteten Weinzierl am Freitagmorgen über seine Beurlaubung. Der Zeitpunkt der Trennung kommt durchaus überraschend, obwohl Heidel nach einer Saisonanalyse den Straubinger schon schwer angezählt hatte.

Heidel, selbst erst seit Sommer 2016 in der Verantwortung, war mit der Entwicklung des Teams in den vergangenen zehn Monaten unzufrieden. Mit Platz zehn verpasste Schalke erstmals seit sieben Jahren einen internationalen Wettbewerb, auch das Aus im Viertelfinale der Europa League gegen den späteren Finalisten Ajax Amsterdam schmerzte.

Der Manager vermisste eine klare Spielidee, hatte Weinzierl zunächst aber wohl eine Chance geben wollen, vom 1. Juli an mit verändertem Kader in die Vorbereitung auf die neue Saison zu gehen. Offenbar konnte Weinzierl Heidel aber nicht mehr von seinem Konzept überzeugen. So reifte bei Schalkes Führung der Entschluss, den abermaligen Neuanfang zu wagen.

Jede Saison ein neuer Trainer auf Schalke

Dem mit viel Vorschusslorbeeren für drei Millionen Euro vom FC Augsburg losgeeisten Coach wurde nicht nur der katastrophale Saisonstart mit fünf Bundesliga-Niederlagen zum Verhängnis. Er schaffte es trotz eines Zwischenhochs im Herbst auch nicht, dem Revierclub eine klare Struktur und Spielidee zu vermitteln. Die schweren Verletzungen und Langzeitausfälle von Leistungsträgern wie Coke, Breel Embolo oder Naldo erklärten nur teilweise die schwankenden Auftritte.

Heidel, der mit seinen Last-Minute-Transfers im vorigen August den krassen Fehlstart mit begünstigte, mochte das große Verletzungspech später nicht mehr als Entschuldigung gelten lassen. Zuletzt wurden zudem Klagen aus dem Spielerkreis laut, Weinzierl habe das Team in zwei Lager gespalten.

Tedesco ist seit dem Ende der ersten Amtszeit von Schalkes Jahrhunderttrainer Huub Stevens im Juni 2002 bereits der 20. Coach, der sich beim Traditionsclub versuchen darf. Ob Roberto Di Matteo, André Breitenreiter oder nun Weinzierl – zuletzt hatte kein Trainer länger als ein Jahr auf Schalke gearbeitet.