Lobende Worte für den Bundestrainer. Bierhoff ermahnt deutsche Fans und hält Frankreich für den Favoriten im EM-Halbfinale.

Kapitän Bastian Schweinsteiger und Defensivspezialist Benedikt Höwedes haben zwei Tage vor dem EM-Halbfinale gegen Frankreich nicht mit der Mannschaft trainiert. Der am Außenband im Knie verletzte Schweinsteiger absolvierte ebenso Übungen im Fitnesszelt wie Höwedes. Dass der Verteidiger nur radelte und nicht mit dem Team auf dem Platz trainierte, bezeichnete der DFB als „Vorsichtsmaßnahme“.

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Bierhoff ermahnt deutsche Fans

Oliver Bierhoff hat die deutschen Fans zu mehr Fairness gegenüber den Anhängern der Konkurrenzteams aufgefordert. Beim EM-Viertelfinale der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Italien waren Fans des Weltmeisters mit Beschimpfungen aufgefallen. „Mich hat das auch gewundert“, sagte Teammanager Bierhoff am Dienstag in Évian-les-Bains.

„Das schmälert zwar nicht die gute Stimmung“, meinte der ehemalige DFB-Kapitän. Er hoffe aber, dass sich dies bei den nächsten Spielen nicht wiederhole. „Die Fans sollen sich darauf konzentrieren, das eigene Team zu unterstützen.“

Mannschaft verlässt EM-Basisquartier

Die deutsche Nationalmannschaft verlässt am Mittwoch nach vier Wochen das EM-Basisquartier am Genfer See. „Auf lange Sicht war es vorteilhaft, hier gewesen zu sein, und nicht an der warmen Küste mit extrem hohen Temperaturen“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff. „Gerade für die Regeneration war das gut, frische Luft hier zu haben und auch gut schlafen zu können.“

Man habe sich über die „Gastfreundschaft“ gefreut, ergänzte Bundestrainer Joachim Löw. Viel Kontakt habe man zu der Bevölkerung des für sein Mineralwasser bekannten Ortes am Genfer See aber nicht halten können. „Wir hatten gute Trainingsmöglichkeiten und kurze Wege - zumindest zum Trainingsplatz“, sagte Löw. Die Fahrten zum Flughafen seien dagegen länger gewesen.

„Das Quartier war die beste Lösung. Wir haben uns sehr wohl gefühlt und der Abschied fällt immer ein bisschen schwer“, erklärte Löw. „Wir haben das Gefühl, dass das Turnier gerade erst begonnen hat, weil wir noch voller Energie sind.“

Lob für Löw: "Er weiß, wie er zu regieren hat"

Thomas Müller fand am Dienstag lobende Worte für den Bundestrainer. „Er weiß in den Situationen, wie er zu regieren hat“, sagte Offensivspieler Thomas Müller mit der Gewissheit, dass Löws Matchplan wie schon im Viertelfinalkrimi gegen die Italiener zum Erfolg führen wird. „Er wirkt auch auf uns sehr zuversichtlich“, berichtete der Torjäger voller Vorfreude auf die Partie am Donnerstag im Stade Vélodrome. „Viel schönere Fußballspiele gibt es nicht“, sagte der 26-Jährige.

Müller moniert die hohe Belastung

Zugleich hat Thomas Müller die steigende Belastung der Fußball-Profis in der heutigen Zeit moniert. „Du darfst drei Wochen Luft holen, dann wirst Du wieder unter Wasser gedrückt. Mental ist das schon eine große Belastung“, sagte der 26-Jährige, der möglicherweise gegen Frankreich im Sturm aufläuft: „So ist das Geschäft, wir wollen uns nicht beklagen, aber man sollte es auch nicht unter den Teppich kehren.“

Thomas Müller ist bei dieser EM noch torlos
Thomas Müller ist bei dieser EM noch torlos © Getty Images | Alexander Hassenstein

Wichtig sei es, „mal vier oder fünf Wochen nix mehr mit dem Ganzen zu tun zu haben. Dann freue ich mich auch auf die Saison“, meinte der Offensivspieler von Bayern München: „Und wenn man dann noch nach England schaut: die haben nicht einmal eine Winterpause. Das ist das Brutale. Und es geht dann auch noch darum, eher noch mehr Spiele zu machen, als es zu reduzieren. Das ist schon ein bisschen bedenklich.“

Es gehe nicht um die körperliche Belastung. „Jeder Mensch, der gut trainiert ist, kann alle vier Tage viele Kilometer in hoher Intensität laufen“, betonte er: „Aber es geht um mentale Ruhepausen. Man hat täglich Einflüsse auf sich selbst. Es wird über einen geredet, es wird mit einem geredet. Und wenn man bekannt ist, hat man auch privat kaum Ruhepausen. Das ist nervenaufreibend.“

Bierhoff: Frankreich leicht favorisiert

Für DFB-Teammanager Oliver Bierhoff ist Frankreich leicht favorisiert. Bierhoff verwies auf die jüngsten Erfolgserlebnisse des Gegners, die Fan-Unterstützung für den Gastgeber und die schwierige Personallage im deutschen Team, das zudem gegen Italien in die Verlängerung musste.

Trotz der Ausfälle zeigte sich Bierhoff optimistisch, dass der Einzug ins Finale am Sonntag gelingen kann. „Trotz alledem haben wir keine Rumpfmannschaft, und das macht natürlich Mut. Deswegen können wir auch alle guter Dinge ins Spiel gehen“, betonte Bierhoff.

Sissoko: Chancen „50:50“

Frankreichs Mittelfeldspieler Moussa Sissoko hält die Chancen vor dem Halbfinal-Duell mit Deutschland für gleich verteilt. „50:50“, sagte der 26-Jährige zu den Aussichten. „Deutschland ist der Weltmeister. Sie haben starke Leistungen gezeigt, wie wir auch. Wir spielen aber zuhause, vor unseren Zuschauern.“

Moussa Sissoko
Moussa Sissoko © dpa | Georgi Licovski

Der Profi von Newcastle United kam bei der Viertelfinal-Niederlage der Franzosen vor zwei Jahren bei der WM in Brasilien gegen die deutsche Mannschaft nicht zum Einsatz. „Wir haben diese Niederlage nicht vergessen“, erklärte der vom HSV umworbene Sissoko.