In Bremen kippt nach der 1:2-Niederlage gegen den FC Augsburg die Stimmung. Trainer Viktor Skripnik darf aber vorerst bleiben.
Bremen. Um 10.15 Uhr stapfte Viktor Skripnik am Sonntagmorgen auf den Trainingsplatz. Die Hände in den Hosentaschen, äußerlich ungerührt. Eine Stunde später bestätigte Sportchef Thomas Eichin dann das, was die Kiebitze da schon geahnt hatten: Der Ukrainer bleibt Trainer des taumelnden Bundesligisten Werder Bremen. Zumindest vorerst.
"Wir wollen das Ding zusammen meistern", sagte Eichin einen Tag nach dem ernüchternden 1:2 (1:0) gegen den FC Augsburg und dem damit verbundenen Absturz auf den Relegationsrang: "Wir sind in einer ganz prekären Situation, aber wir sind noch nicht abgestiegen. Wir müssen die Ruhe bewahren."
Zuvor hatte Eichin noch am Sonnabendabend eine Krisensitzung der Geschäftsführung einberufen, er hatte mit dem Aufsichtsrat gesprochen und sich die Meinung von Kapitän Clemens Fritz eingeholt. Ergebnis der Analyse: Es gibt keinen "Keil zwischen Mannschaft und Trainer", sagte Eichin. Damit wird Skripnik die angeschlagenen Hanseaten auch auf die kommende Partie gegen den VfL Wolfsburg nächsten Sonnabend vorbereiten. Sein Auftrag für die nächsten Wochen: "Punkten!"
Alles deutete auf eine Entlassung hin
Nur einige Stunden zuvor hatte noch alles auf eine Trennung von Skripnik hingedeutet. Die Fans waren nach der Pleite stinksauer, der Trainer wurde öffentlich angezählt. "Wir sind die Verlierer dieses Spieltags. Jetzt gilt es, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen und über alles zu sprechen", hatte Eichin gesagt. Am Sonntag ruderte er zurück. "Es war klar, dass wir einer Diskussion um den Trainer nicht entgehen können", sagte der Ex-Profi, es sei aber nie die Marschroute des Klubs gewesen, "den Trainer zu wechseln".
Wie lange dieses Treuebekenntnis hält, ist offen. Werder taumelt nach der Augsburg-Pleite nahezu ungebremst dem ersten Bundesliga-Abstieg seit 36 Jahren entgegen. Auch Skripnik zeigte sich geschockt, hatte aber auch klar gemacht, dass er nicht hinwerfen werde. "Ich mache meinen Job und werfe nicht das Handtuch. Das ist nicht mein Charakter. Ich sehe Qualität und habe weiterhin Hoffnung", sagte der Ukrainer.
Doch die Hoffnung ging während der trostlosen 90 Minuten gegen den Tabellennachbarn beim Publikum mehr und mehr verloren. Und als die fatale Heimniederlage gegen den direkten Mitkonkurrenten feststand, pfiff sich der ansonsten eher geduldige Werder-Anhang die Enttäuschung von der Seele.
Skripniks Abrechnung mit den Medien
"Zwei Torschüsse und zwei Tore für den Gegner – so ein Spiel darf man nicht verlieren. Leider haben wir bei den entscheidenden Zweikämpfen versagt", sagte Fritz. Dabei sprach in der Halbzeitpause nichts für die siebte Heimniederlage der Saison (Vereinsnegativrekord). Psychologisch günstig hatte Florian Grillitsch die Gastgeber in der 43. Minute in Führung gebracht, den ersatzgeschwächten Gästen gelang praktisch nichts.
Der völlig überraschende Ausgleich durch Alfred Finnbogason (53.) änderte das Bild total. "Danach war die Angst vor der Niederlage nicht mehr bei uns, sondern beim Gegner", analysierte Augsburgs Trainer Markus Weinzierl so knapp wie zutreffend. Der zweite nennenswerte Torschuss seines Teams durch den 60 Sekunden zuvor eingewechselten Jeon-Ho Hong (86.) besiegelte den ersten Dreier der Schwaben nach sechs Begegnungen in Folge ohne Sieg.
Am Ende echauffierte sich Skripnik noch über die Fragen der Medienvertreter nach seiner sportlichen Zukunft. "Ich kämpfe in der Bundesliga gegen 17 Fußballmannschaften und eine Medienmannschaft. Immer wird darüber spekuliert, dass ich auf einem heißen oder wackligen Stuhl sitze", wehklagte der Ex-Profi und ließ entgegen den üblichen Gepflogenheiten ein anschließendes Journalistengespräch im kleineren Kreis ausfallen. Vielleicht ist er nächste Woche ja wieder besser gelaunt.
29. Bundesliga-Spieltag:
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sid