Hannover. Wolfsburger Stürmer übertrifft sich beim 4:0-Sieg in Hannover selbst. Sein Trainer Hecking findet trotzdem ein Haar in der Suppe.
Als André Horst Schürrle in der 87. Minute das Feld verließ, nahm er als erstes die Trainer-Assistenten und Coach Dieter Hecking in den Arm. Die Erleichterung war dem Fußball-Nationalspieler deutlich anzusehen, während er strahlend von seinen drei Treffern beim 4:0 (1:0)-Sieg im Niedersachsen-Derby beim Bundesliga-Letzten Hannover 96 erzählte.
„Manchmal ist Fußball komisch“, sagte Schürrle, der bei der Partie in Hannover mehr Tore für den VfL Wolfsburg erzielte als in den 33 Bundesligaspielen zuvor. So gab der viel gescholtene Offensivspieler am Ende zu: „Das tut der Seele gut.“
Viel Schlechtes sei über ihn geschrieben worden. "Da kann man sich vorstellen, dass es mir extrem gut geht jetzt", sagte Schürrle bei "Sky" und sprach von einer "Erleichterung und Genugtuung", es seinen Kritikern gezeigt zu haben. "Es hat auch dem Trainer gut getan, dass ich heute die Tore gemacht habe.“
Erster Bundeliga-Hattrick
Drei Treffer in einem Bundesligaspiel waren dem Linksfuß in seinen vorigen Stationen in Mainz und Leverkusen überhaupt noch nicht gelungen. In der Nationalmannschaft glückte ihm dieses Kunststück dagegen gleich zweimal - beim 5:3-Sieg in Schweden in der WM-Qualifikation im Oktober 2013 sogar innerhalb von 19 Minuten.
In Hannover stümperte André Schürrle in der Anfangsphase des Spiels allerdings, köpfte unter anderem einen Ball unbedrängt ins Aus. Und Trainer Hecking erinnerte später noch an die neunte Minute: „Er hatte schon vorher eine Chance, wo er vorbeifliegt. Wenn er da energischer hingeht...“
Der 24. Bundesliga-Spieltag
Ärger über verpassten Viererpack
Doch dann zeigte Schürrle plötzlich, warum er zum Kader des Weltmeisters gehört. Nach einem Pass von Julian Draxler nahm der bisher meist enttäuschenden VfL-Angreifer in der 36. Minute den Ball mit rechts mit und schoss ihn mit dem linken Fuß ins lange Eck des 96-Tores.
Und das war erst der Anfang. In der 59. und 62. Minute legte der 25 Jahre alte Angreifer nach. Er hätte sogar noch ein weiteres Tor sein können. Grinsend kommentierte Schürrle: „Das ist ärgerlich, es hätten auch vier sein können.“ Den Schlusspunkt setzte stattdessen Julian Draxler (69.).
Für die bisher auswärts oft enttäuschenden Wolfsburger „waren die drei Punkte bitter nötig“, fand Schürrle. Mit dem Auswärtssieg hofft er nicht nur auf eine persönliche Wende, sondern auf eine für das ganze Team. Noch immer schielt der VfL auf einen Platz in der Champions League.
Allofs sieht sich bestätigt
Manager Klaus Allofs darf sich nun bestätigt fühlen, an Schürrle festgehalten zu haben. Erst am Sonntag hatte er dem Angreifer öffentlich den Rücken gestärkt - und gesagt, weshalb Schürrle im Gegensatz zum Dänen Nicklas Bendtner eine Zukunft in Wolfsburg erwarte.
"Bei Schürrle dauert es schon etwas länger, aber wir haben das Vertrauen, dass er uns auf Dauer helfen kann“, sagte der VfL-Manager im Sport1-"Doppelpass" über den zuvor enttäuschenden 32-Millionen-Euro-Einkauf. Allofs attestierte dem vor einem Jahr geholten Profi „außergewöhnlichen Fähigkeiten“ und sagte: „Er wird sie auch für den VfL Wolfsburg zeigen.“
Schaaf beklagt "Kopflosigkeit"
Gezeigt hat sich Allofs selbst am Dienstagabend auch seinem langjährigen Kompagnon aus Bremer Zeiten. Doch Thomas Schaaf dürfte das Widersehen herzlich egal gewesen sein, denn Hannovers Coach hat ganz andere Baustellen. Für 96 wird es nach der Derby-Klatsche schließlich immer schwerer, überhaupt in der 1. Liga zu bleiben.
Nach dem Sieg in Stuttgart war das Debakel gegen den Nachbarn wieder ein herber Rückschlag. „Wir sind nachher ein bisschen kopflos angerannt“, klagte Schaaf: „Wolfsburg ist in der Lage, das zu nutzen.“ Zumindest dann, wenn Schürrle trifft.
Statistik
Hannover: Zieler - Hiroki Sakai, Salif Sane, Schulz, Sorg - Fossum, Hoffmann (46. Szalai), Yamaguchi - Kiyotake - Karaman, Wolf (66. Klaus). - Trainer: Schaaf
Wolfsburg: Casteels - Träsch, Knoche, Dante, Ricardo Rodriguez - Arnold, Luiz Gustavo, Guilavogui (72. Caligiuri) - Draxler (81. Schäfer) - Schürrle (87. Henrique), Kruse. - Trainer: Hecking
Schiedsrichter: Bastian Dankert (Rostock)
Tore: 0:1 Schürrle (36.), 0:2 Schürrle (59.), 0:3 Schürrle (62.), 0:4 Draxler (69.)
Zuschauer: 34.500
Gelbe Karten: Wolf (3), Schulz (6) - Luiz Gustavo (7)
dpa/HA