Zürich. Suspendierter Fifa-Präsident gibt erstes TV-Interview nach Krankenhausaufenthalt. Über Platini äußert sich Blatter überraschend.

Der suspendierte Fifa-Chef Joseph Blatter hat in seinem ersten TV-Interview nach einem Check im Krankenhaus gravierende Gesundheitsprobleme eingeräumt. „Ich war dem Tod sehr nahe“, sagte der 79-Jährige dem Schweizer Sender RTS, in einem Gespräch, das in voller Länge am Mittwoch ausgestrahlt werden soll. „Ich war zwischen den Engeln, die gesungen haben und dem Teufel, der das Feuer anzündet, aber es waren die Engel, die gesungen haben“, sagte Blatter.

Sein Zustand sei durch den „enormen Druck“ begründbar. „In einem bestimmten Moment sagt der Körper einfach 'Nein, genug ist genug'. Aber wenn du psychisch stark bist, kannst du widerstehen“, sagte Blatter. Der angeschlagen wirkende Schweizer hatte sich Anfang des Monats ins Krankenhaus begeben. Dabei hatte es unterschiedliche Meldungen über die Ernsthaftigkeit seines Zustands gegeben.

Auch Blatters Berater Klaus J. Stöhlker hatte keine genaue Diagnose genannt. „Er hat zu mir gesagt: Mein Kopf und mein Herz waren immer in Ordnung", berichtete Stöhlker über ein Gespräch mit seinem Mandanten. Die Veröffentlichung erster Zitate aus dem neuesten Blatter-Interview rief unterschiedliche Reaktionen hervor. Englands Fußball-Legende Gary Lineker kommentierte die "Engel-Teufel"-Passage des Fifa-Machthabers a.D. bei Twitter auf seine Art: "Noch nicht einmal der Teufel würde ihn nehmen."

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Blatter hält Platini für guten Nachfolger

Blatter war am 7. Oktober für 90 Tage von der Fifa-Ethikkommission von allen Fußball-Ämtern suspendiert worden. Die Schweizer Justiz ermittelt wegen des Verdachts der „ungetreuen Geschäftsbesorgung“.

Die Sperren der Fifa-Ethikkommission

17. November 2010

Amos Adamu (drei Jahre), Reynald Temarii (ein Jahr, Geldstrafe in Höhe von 4500 Euro)

17. Dezember 2012: Mohamed bin Hammam (lebenslang)

30. April 2013: Vernon Manilal Fernando (erst acht Jahre, danach lebenslang),

13. Juni 2014

Franz Beckenbauer (provisorische 90-Tage-Sperre, widerrufen am 27. Juni 2014)

15. Oktober 2014

Ganbold Buyannemekh (fünf Jahre)

4. November 2014

Ganesh Thapa (provisorische 120-Tage-Sperre, verlängert um 90 Tage am 20. März 2015)

10. November 2014

Edmond Bowen (drei Jahre)

27. November 2014

Alberto Colaco (drei Jahre)

12. Mai 2015

Reynald Temarii (acht Jahre)

27. Mai 2015

Jeffrey Webb, Eduardo Li, Julio Rocha, Costas Takkas, Jack Warner, Eugenio Figueredo, Rafael Esquivel, José Maria Marin, Nicolás Leoz, Daryll Warner, Chuck Blazer (alle provisorisch bis auf Weiteres gesperrt)

28. Mai 2015

Aaron Davidson (provisorisch bis auf Weiteres gesperrt)

1. Juni 2015

Enrique Sanz, Jean Guy Blaise Mayolas, Badji Mombo Wantete (alle provisorisch bis auf Weiteres gesperrt)

6. Juli 2015

Harold Mayne-Nicholls (sieben Jahre)

9. Juli 2015

Chuck Blazer (lebenslang)

29. September 2015

Jack Warner (lebenslang)

8. Oktober 2015

Joseph S. Blatter (provisorisch für 90 Tage)Michel Platini (provisorisch für 90 Tage gesperrt)Jerome Valcke (provisorisch für 90 Tage gesperrt)Chung Mong-Joon (sechs Jahre plus 100.000 Schweizer Franken Geldstrafe)


 

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Hintergrund ist eine Zahlung von zwei Millionen Franken an den ebenfalls suspendierten Uefa-Chef Michel Platini. Blatter bezeichnete die Vereinbarung über die Zahlung als „Arbeitsvertrag“. Seinen einst engen Kollegen und heutigen Rivalen Platini hält er überraschend für einen guten potenziellen Fifa-Chef.

Sepp Blatter – Fifa-Chef und Weltenlenker

Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022
Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022 © dpa
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo © dpa | Olivier Maire
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz © dpa | DB Roberto Pfeil
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb © dpa | Bernd Weissbrod
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha © dpa | Epa
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt © dpa | Gary I Rothstein
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika © dpa | Eddy Risch
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter © dpa | Alessandro Della Bella
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus © dpa | Osservatore Romano / Handout
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter © dpa | Danilo Schiavella
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt © dpa | Mikhail Klementev/Ria Novosti /
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam © dpa | Ahmad Yusni
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BVB-Boss für Losentscheid bei WM-Vergabe

Derweil plädiert Hans-Joachim Watzke bei der Vergabe von großen Turnieren für ein Losverfahren. „Die einzige Möglichkeit, dass eine Entscheidung über eine WM-Vergabe nicht manipuliert wird, ist in meinen Augen ein Losentscheid“, sagte der Geschäftsführer des Bundesligisten Borussia Dortmund dem „Kicker“ (Montag).

Ein von der Fifa und Uefa eingesetzter Ausschuss mit Experten für Sicherheit und Marketing solle zuvor über die Zulassung von Bewerbern entscheiden. „Unter denen wird gelost. Ein solches Vorgehen garantiert - wenn man ehrlich ist - die maximale Sicherheit, dass es keine Korruption gibt“, sagte Watzke. Die nächste Vergabe steht 2017 für das WM-Turnier 2026 an.

Die Chronologie des WM-Skandals

16. Oktober

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) räumt in einer Pressemitteilung Ungereimtheiten rund um eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband Fifa ein.

16. Oktober

„Der Spiegel“ berichtet, dass für den Zuschlag der Fußball-WM 2006 Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen sei, um damit vier entscheidende Stimmen im Fifa-Exekutivkomitee zu kaufen. Das Geld soll von Ex-Adidas-Boss Robert Louis-Dreyfus gekommen sein.

17. Oktober

Erstmals äußert sich DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: „Ich kann versichern, dass es (...) definitiv keine schwarzen Kassen beim DFB, dem Bewerbungskomitee oder dem Organisationskomitee gegeben hat.“

18. Oktober

Franz Beckenbauer meldet sich zu Wort und dementiert den „Spiegel“-Bericht: „Ich habe niemandem Geld zukommen lassen, um Stimmen für die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 nach Deutschland zu akquirieren. Und ich bin sicher, dass dies auch kein anderes Mitglied des Bewerbungskomitees getan hat.“

19. Oktober

Die Staatsanwaltschaft prüft einen Anfangsverdacht für ein Ermittlungsverfahren. Mögliche Tatbestände: Betrug, Untreue, Korruption.

19. Oktober

Niersbach weist die Korruptionsvorwürfe erneut zurück, räumt aber „den einen offenen Punkt“ ein: „Dass man die Frage stellen muss, (...) wofür diese Überweisungen der 6,7 Millionen verwendet wurden.“

21. Oktober

Die DFB-Landesverbände fordern von Niersbach eine schnelle Aufklärung der Vorwürfe.

22. Oktober

Niersbach tritt in Frankfurt sichtlich erschöpft vor die Presse und bringt nur wenig Licht ins Dunkel.

23. Oktober

Das DFB-Präsidium stärkt Niersbach den Rücken.

23. Oktober

Zwanziger bezichtigt Niersbach der Lüge und berichtet im „Spiegel“ von der mutmaßlichen Existenz einer schwarzen Kasse „in der deutschen WM-Bewerbung“. Es sei „ebenso klar, dass der heutige Präsident des DFB davon nicht erst seit ein paar Wochen weiß, wie er behauptet, sondern schon seit mindestens 2005“.

26. Oktober

Beckenbauer räumt in der Affäre erstmals einen „Fehler“ ein: Das Organisationskomitee hätte nicht auf einen Vorschlag der Fifa-Finanzkommission eingehen dürfen, um einen Finanzzuschuss zu bekommen.

3. November

Die Staatsanwaltschaft führt beim DFB eine Steuerrazzia durch. Zudem durchsucht sie die Wohnungen von Niersbach, Zwanziger und Ex-DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt. Der Verdacht: Steuerhinterziehung in einem schweren Fall.

6. November

„Der Spiegel“ veröffentlicht angeblich von Niersbach stammende handschriftliche Notizen auf einem Schreiben des WM-OK an die Fifa aus dem Jahr 2004. Diese sollen belegen, dass er nicht erst 2015 von den Vorgängen Kenntnis hatte.

9. November

Am Nachmittag trifft sich das DFB-Präsidium zu einer Sitzung mit Niersbach. Der 64-Jährige erklärt seinen Rücktritt.

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Watzke gibt Beckenbauer Rückendeckung

In der Affäre um die WM 2006 in Deutschland stärkte der 56 Jahre alte Unternehmer dem in die Kritik geratenen Franz Beckenbauer den Rücken: „Es würde allen in Deutschland gut zu Gesicht stehen, Beckenbauer den Respekt zu erweisen, der ihm zusteht. Beckenbauer hat über Jahrzehnte hinweg zum Wohl des deutschen Fußballs gearbeitet - und nicht zu seinem persönlichen.“

Watzke monierte die öffentliche Vorverurteilung des ehemaligen OK-Chefs: „Auf der einen Seite alles zu bejubeln, was er macht, und auf der anderen Seite als Öffentlichkeit sofort den Stab zu brechen, obwohl die Aufklärung der Geschehnisse noch gar nicht erfolgt ist, finde ich nicht in Ordnung.“