Durch das überzeugende 3:0 in Freiburg schafft sich Vizemeister Borussia Dortmund wieder Luft im Abstiegskampf

Freiburg. Es gab einen guten Grund dafür, dass die Dortmunder Siegesfeier vor den Fans im Eckfahnenbereich des Schwarzwaldstadions nur kurz ausfiel. Nach der Niederlage am Mittwoch gegen Augsburg war die Stimmung bei der Borussia ja auf dem Gefrierpunkt, in der klirrenden Breisgauer Kälte jedoch in kurzen Hosen und durchschwitzten Trikots nun endlich mal wieder einen Sieg, dieses 3:0 (1:0) über den SC Freiburg, mit den Fans zu bejubeln, war nur bedingt vergnügungssteuerpflichtig. Es gehörte aber zur selbst verordneten Therapie, mit der der Vizemeister sportlich und mental genesen möchte. „Die Mannschaft soll sich auch mal freuen“, sagte Trainer Jürgen Klopp, nachdem der BVB die direkten Abstiegsplätze der Fußball-Bundesliga verlassen hatte, „sie soll nicht nur erleichtert sein.“

Genau dies hatte Therapeut Klopp in der so vermaledeiten Saison zu häufig bei seinen Jungs diagnostiziert. Es gab sie ja, diese Zwischenhochs in Form vereinzelter Siege; nur ergab sich daraus nie der erhoffte Gesundheitszustand. „Wir waren die einzige Fußballmannschaft der Welt, die sich über einen Sieg nicht mehr gefreut hat und nur aus dem schlechten Gewissen heraus gespielt hat“, fand Klopp.

Inwiefern die Tore von Marco Reus (9.) und Pierre-Emerick Aubameyang (56./72.) diesmal die Kraft haben, diesen brustzuschnürenden Ring aufzusprengen, muss sich am Freitag (20.30 Uhr) gegen den FSV Mainz 05 zeigen. Das Absurde: Gewinnt der BVB gegen die Rheinhessen, haben sie auch diese eingeholt wie am Sonnabend schon den SC Freiburg. Krise in Dortmund – war da mal was?

Ganz gewiss. Auch an der Dreisam erinnerten die Schwarzgelben an die glorreichen Zeiten genauso wie an die trübseligen Phasen, in denen das vermeintlich Leichte im Fußball zum unglaublich Schwierigen wurde. In den ersten zehn Minuten des Spiels trieben die Dortmunder ihre in allen Belangen unterlegenen Gegner mit konsequentem Gegenpressing in die Verzweiflung. Nur aus den vielen Chancen schlugen Reus, Aubameyang und Kagawa zu wenig Zählbares. Reus’ 1:0 gab dem BVB aber doch die nötige Sicherheit, Kapitän Mats Hummels sah endlich wieder das schnelle Umschaltspiel: „Da hat man gemerkt, wie schnell Selbstvertrauen auch wiederkommen kann, wenn es mal weg war.“

Der Glaube an die eigenen Fähigkeiten soll zu neuer (alter) Stabilität führen. Doppeltorschütze Aubameyang, der den glücklosen Ciro Immobile in der Sturmspitze abgelöst hatte, sieht den ersten Schritt getan: „Es war in der Tat ein Kopfproblem.“ Woche für Woche hatte dasselbe Strickmuster die Misere verschlimmert: vergeblich einem Führungstreffer hinterherzuhecheln, am eigenen Spielvermögen zu zweifeln und sich dann gegenseitig herunterzureißen in diesem Selbstauflösungsprozess. All jenes blieb in Freiburg aus. Dazu rief der für die europäische Königsklasse konzipierte Kader zumindest in großen Teilen mal wieder sein Potenzial ab. „Wir wissen, dass wir jederzeit zu alter Stärke zurückfinden können“, erklärte Hummels fast drohend, „heute waren sehr viele Momente dabei, die stark an das erinnert haben, was wir spielen können.“

Die Dortmunder hoffen nun, dass der 3:0-Sieg in der Saisonrückbetrachtung im Sommer vielleicht als der dringend benötigte Befreiungsschlag angesehen werden kann. „Ich habe nicht das Gefühl, dass wir wegen heute die nächsten vier Spiele in Folge gewinnen“, sagte Jürgen Klopp, „aber es ist trotzdem auch nicht ausgeschlossen.“ Im Fall eines Erfolgs will Hummels am Freitag auch länger mit seinen Teamkollegen bei den Fans am Zaun stehen: „Ich habe ihnen gesagt, dass wir erst zwei Spiele in Folge gewinnen wollen, bevor wir wieder eine größere Feier machen. Wenn wir es am Freitag schaffen, wieder drei Punkte zu holen, wird es auch wieder etwas ausgelassener.“

Freiburgs Trainer Christian Streich war dagegen bedient: „Wir haben heute einfach ein furchtbares Spiel gemacht. Wir hatten einen sehr, sehr schwachen Tag. Wir waren chancenlos – in allen Belangen.“ Als Tabellen-17. steht Freiburg nun punktgleich mit Schlusslicht VfB Stuttgart ganz unten. Dabei hatte die Mannschaft bisher in der Rückrunde beim 4:1 gegen Eintracht Frankfurt und auch bei der 0:1-Niederlage in Mönchengladbach überzeugt. Gegen den BVB aber startete der Sportclub so nervös, als habe sich der Druck, den der Krisenclub aus dem Ruhrpott hatte, auf die Freiburger übertragen.

Ob Streich den Sportclub am Saisonende zum vierten Mal vor dem Abstieg retten kann? „Wenn man uns heute gesehen hat, muss man auf jeden Fall Angst haben“, meinte Felix Klaus. Die brisante Lage kommentierte Streich nüchtern: „Es ist ja Jahr für Jahr dasselbe: Wir versuchen alles rauszuholen.“