Die Fans entziehen den Dortmunder Profis nach dem 0:1 gegen Augsburg ihre Zuneigung. Klopp will weitermachen

Dortmund. Die Sonne scheint. Sie ist ein weiteres Mal aufgegangen. Das schien ja am Abend zuvor fast fraglich, so trüb war die Stimmung. Es herrscht sogar Betrieb rund um das Stadion von Borussia Dortmund. Das liegt an einer zuschauerträchtigen Messe in der Westfalenhalle, der „Jagd und Hund“. Ein Thema, dem sich Jürgen Klopp auch schon einmal angenähert hat. „Wir werden ein erbitterter Jäger sein“, hat der Trainer des BVB nach dem letzten Spiel des Jahres 2014 gesagt. Es war eine Niederlage in Bremen. Ein gefräßiges Etwas hatte er sich da für die Zukunft vorgestellt, das raubt Punkte auf seiner Mission. Die heißt: Überlebenskampf, sportlicher Überlebenskampf.

Nach zwei Spielen des neuen Jahres sitzt Klopp im Inneren des Stadions, er behält die Jacke an, es ist kalt geworden in Dortmund. Der Tag begann mit Bildern vom Vorabend. Der Trainer spielte sie seiner Mannschaft vor, um ihr vor Augen zu führen, was da alles schiefgelaufen war. 0:1 gegen den mickrigen, aber erstaunlich guten FC Augsburg, Tabellenplatz 18. Immer noch. Ein groteskes Zwischenergebnis für eine Multi-Millionen-Mannschaft. Klopp sagt: „Wir müssen nicht so tun, als wenn sich die Welt gegen uns verschworen hätte.“ Er meint: Die Niederlage geht in Ordnung, selbst schuld.

Die Schuldfrage wird im schwarz-gelben Land spätestens seit Mittwochabend verschärft erörtert. Wortreich hatten die BVB-Macher in der Winterpause dargelegt, woran es gelegen hatte und dass es in der Rückrunde besser werden würde. Indizien dafür gibt es: kaum. Zwei Spiele, kein Tor, kaum Torgefahr – und in der Defensive diese törichten Fehler. „Das Spiel“, sagt Klopp, „hatte den gleichen Spielfilm wie in der Hinrunde.“ Eine spielerische Tragödie. Immer noch.

Klopp, der Mann, der letztlich für das Sportliche verantwortlich ist, weiß warum. Sagt er. In den entscheidenden Momenten träfen seine Spieler die falschen Entscheidungen, der Weg zur Besserung sei nicht sehr weit. Es kann sein, dass sich das schnell bewahrheitet, am Sonnabend schon besteht beim brisanten Sorgen-Duell in Freiburg dazu die Möglichkeit. Klopp halluziniert nicht: Es gab ein paar Chancen, es gab Möglichkeiten zu Chancen, die vertan wurden. Nur: Wie wahrscheinlich ist es, dass es im Februar oder März besser wird, wenn es schon im Oktober besser hätte werden müssen?

In Überzahl zeigten die Dortmunder eine eklatante Einfallslosigkeit

Mit bemerkenswerter Geduld haben die Dortmunder Fans die Misere ihres Klubs bislang begleitet. Echte Liebe, egal was die Ergebnisse sagen. Aber selbst dort schwindet der Glaube. Wut regierte nach dem Augsburg-Spiel. Klopp sagt, die letzten 30 Minuten seien für die Zuschauer „kaum zu ertragen“ gewesen. Irrwitzige Szenen spielten sich in Überzahl ab: Innenverteidiger Neven Subotic flankte so hoch und weit, dass kaum zu erkennen war, wie sein Plan ausgesehen haben könnte, Ciro Immobile stupste einen einfachen Pass elegant ins Tor-Aus, Marco Reus legte sich den Ball im Dribbling zu weit vor, Shinji Kagawa spielte ihn dem Gegner in die Füße. Absurd. Die Angst kroch in die Füße und Köpfe der Borussen. Sie zu verscheuchen wird schwer.

Klopp wirkt manchmal müde. Ständig muss er erklären, was nun dieses Mal wieder schiefgelaufen ist. Muss ein neuer Trainer her? Schmeißt Klopp gar irgendwann hin? „Ich habe keinen Bock mehr, ich resigniere – dass ich das mal sage, kann ich ausschließen“, sagt Klopp entschlossen. „Ich bin total drin in dieser Aufgabe und felsenfest überzeugt, dass unsere Mission Erfolg haben wird. Wir müssen jetzt eine Reaktion zeigen in Freiburg.“

Der Trainer nimmt die Mannschaft in die Pflicht. Das Problem: Das Mittel des verbalen Angriffs ist längst verbraucht. Ankündigungen und Drohungen hat es genug gegeben. Der Vereins-Boss persönlich, Hans-Joachim Watzke, hatte aber zum Beispiel mit seiner eindringlichen Rede während der Jahreshauptversammlung mittelfristig offenbar nicht mehr als Achselzucken bei den Spielern ausgelöst.

BVB-Geschäftsführer erteilte sich selbst ein absolutes Redeverbot

Fakt ist: Ändert sich nichts und taumelt der BVB auch im Frühjahr noch mut- und ideenlos über das Feld, bröckelt der Rückhalt für Klopp. Ob er am Ende der Saison noch auf der Bank sitzt? Watzke verpasste sich gestern absolutes Redeverbot. Schweigen in Dortmund. Nichts scheint in diesen Tagen mehr ausgeschlossen. Außer vielleicht die Sache mit der Sonne.