Mit dem 0:2 in Frankfurt rutscht Dortmund auf den letzten Tabellenplatz. Trainer wehrt Rücktrittsgedanke weiter ab

Frankfurt am Main. Sie zögerten. So richtig gewiss, ob das nun eine gute Idee ist, schienen sich die Männer in den gelben Hemden nicht zu sein. Doch langsam setzten sie sich in Bewegung, von der Mittellinie gingen die Fußballer von Borussia Dortmund auf die Kurve mit den mitgereisten Fans zu. In den Armen der Anhänger hatten die Profis schließlich zuletzt stets Trost und Zuversicht gefunden. Doch nach der verdienten 0:2 (0:1)-Niederlage bei Eintracht Frankfurt, durch die der BVB auf den letzten Tabellenplatz der Bundesliga stürzt, kippte die bis hierher heimelige Stimmung: Pfiffe dröhnten, durchschnitten Kälte, Mittelfinger und wüste Beschimpfungen empfingen die Profis. Dortmund am Tiefpunkt. Sportlich. Atmosphärisch.

„Wir wissen, auf welchem Platz wir stehen. In der Kabine war es sehr ruhig. Es ist eine brutal schwierige Situation. Das ist ein bitterer Tag für uns“, sagte Mittelfeldspieler Sven Bender. „Aber Selbstzweifel sind jetzt falsch. Wir müssen wieder unsere Selbstbewusstsein auf den Platz bringen und zeigen, was in uns steckt. Jeder muss alles für den anderen geben. Jeder alleine als Einzelkämpfer, das wird nicht funktionieren.“

Jürgen Klopp stand Seite an Seite mit seiner Mannschaft vor den Fans. „Mit ihrem Applaus haben die Fans zuletzt gezeigt, dass sie uns vertrauen und dass sie daran glauben, dass sich unsere Situation in naher Zukunft ändert“, erklärte der Trainer. Der Rückschluss daraus dürfte Klopp schmerzen. „Dass wir uns das Vertrauen zurückerarbeiten müssen, ist klar. Für heute kann ich die Reaktion nachvollziehen“, sagte er. Leise. Mit Bedacht. Er merkt, dass gerade dramatisch zusammenzubröckeln droht, was er über Jahre aufgebaut hat. „Wir stecken mitten im Abstiegskampf. Wir haben in den letzten Wochen immer geguckt wie der Abstand nach oben ist, doch damit ist spätestens heute Schluss“, sagte Sportdirektor Michael Zorc: „Aber Jürgen stellt sich der Verantwortung.“

Doch Klopp wirkt zumindest verständnislos. Er steht oft an der Seitenlinie, die Hände in den Taschen, und muss mitansehen, wie der Gegner die Bälle nach vorn schlägt und seine Spieler für die Gefahr selber sorgen. „Das Spiel passt in unser Kuriositätenkabinett. Der Gegner muss wenig tun, um noch ein Tor zu machen“, sagte Klopp nach er Partie bei Sky. „Wir machen viel für nichts. Das ist die Situation.“

Beispiel erstes Gegentor: Ein als Befreiungsschlag getarnter Pass von Marco Russ übertölpelte die Dortmunder Innenverteidiger Matthias Ginter und Neven Subotic derart, dass Alexander Meier frei auf Roman Weidenfeller zulaufen konnte und zum 1:0 traf (5. Minute). Beispiel zweites Gegentor: Nach einem langen Ball nahm das Dortmunder Desaster seinen Lauf, als sich der herausstürmende Weidenfeller und Ginter in ein fatales Missverständnis verstrickten, an dessen Ende Haris Seferovic den Ball nur noch ins leere Tor zu schieben brauchte (78.). „Wir schenken die Tore zu einfach her. Das ist wie in der Lindenstraße, die kommt auch jede Woche“, schimpfte Zorc nach dem Spiel. Schwarz-Gelbe Fehler als Seifenoper in in Dauerschleife. Man ahnt was kommt, und schaut trotzdem immer wieder hin.

In der ersten Halbzeit vergaben Pierre-Emerick Aubameyang, der am starken Frankfurter Torwart Felix Wiedwald scheiterte, und Kevin Großkreutz, der den Nachschuss an den Pfosten setzte, die besten Chancen binnen Sekunden (24.). Zuvor war schon Henrikh Mkhitaryan am Torwart gescheitert (7.). In Halbzeit zwei zeigten sich die Dortmunder deutlich zielstrebiger, aber klare Chancen blieben eine Seltenheit. Die beste vergab Adrian Ramos, der freistehend ebenfalls an Wiedwald scheiterte (52.).

Doch Frankfurts Sieg geriet nicht nur zu einem Produkt des Glücks. Das Team von Trainer Thomas Schaaf verbesserte sich mit nun 18 Punkten auf Rang neun. „Die Jungs haben richtig gut gespielt. Es war ein hochverdienter Sieg von uns“, lobte Eintracht-Sportdirektor Bruno Hübner.

Das macht die Sache für die Dortmunder nicht besser. „Wenn nur das Glück zählt und ein Trainerwechsel das bringt, muss man mich nur anrufen, dann mache ich den Weg frei“, sagte Jürgen Klopp, doch es gebe keine Tendenzen dahin: „Solange keiner kommt und sagt, wir haben jemanden, der es besser macht, kann ich doch nicht gehen. Die Verantwortung, die ich verspüre, ist groß. Der stelle ich mich.“

Auch Zorc wollte von einem Abschied des Kult-Trainers nichts wissen. „Nein, wir sind überzeugt, dass wir mit ihm aus dieser Situation herauskommen“, sagte der Sportchef. Das dürfte die treuen Fans bei allem Unmut ein wenig beruhigen. Noch.