Nach der Trennung von Robin Dutt sollen die Ex-Profis Viktor Skripnik und Torsten Frings Werder Bremen retten

Bremen. Torsten Frings, der prominente Assistent, schleppte gerade die Trainingsleibchen, als der neue Chef das erste und fast einzige Mal deutlich wurde. Extrem ruhig und mit ausdrucksloser Miene verfolgte Viktor Skripnik am Sonntag seine erste Profi-Einheit mit Werder Bremen – klare Ansagen gab es nur vor und nach dem Training. „Natürlich kommt noch die Zeit, in der ich auch korrigieren muss. Aber ich muss ja erst mal die Leute kennenlernen“, sagte der neue Chefcoach.

Manager Thomas Eichin und der neue Aufsichtsratsboss Marco Bode hatten sich für den Ukrainer starkgemacht. „Er hat gezeigt, dass er Spieler besser machen kann. Er bringt alles mit – außer Bundesliga-Erfahrung“, sagte Bode. Skripnik und sein Hospitant Frings, die bisher die U23 coachten, sind eine gewagte und günstige Lösung für die klammen Hanseaten. „Das hat nichts mit finanziellen Gründen zu tun. Wir hatten mehrere Kandidaten im Kopf, aber Viktor war ganz klar die Nummer eins“, behauptete Eichin.

Während Bode schon wieder aus dem Tagesgeschäft verschwand, registrierte Eichin am Spielfeldrand, wie sein Neuer den Trainingskick die meiste Zeit mit Händen in den Hüften beobachtete. Die bedrohliche Lage, in der sich der Tabellenletzte der Fußball-Bundesliga nach dem schlechtesten Start der Vereinsgeschichte befindet, schien den Ukrainer zumindest äußerlich nicht zu berühren.

„Wir haben nicht die Zeit für Experimente. Wir achten jetzt nur darauf, was wir für Dienstag brauchen. Das wird ein schwieriges Spiel für uns“, sagte der entspannt wirkende 44-Jährige mit Blick auf das DFB-Pokalspiel beim Chemnitzer FC. Negative Stimmung verbreiteten auch die über 500 Fans nicht, die die erste Einheit der Werder-Urgesteine hinter dem Absperrzaun verfolgten. Mannschaft und Übungsleiterteam wurden vor und nach der Einheit mit Applaus bedacht.

Werder glaubt jedenfalls, nun so etwas wie ein Gegenmodell zum beurlaubten Robin Dutt installiert zu haben. Von „frischen Impulsen“ ist die Rede, was nach neun Spielen in dieser Saison ohne Sieg auch nötig ist. Der „Werder Weg“ wird postuliert, also im zweiten Versuch nach der Thomas-Schaaf-Ära die Rettung vor dem Abstieg mit Männern aus den eigenen Reihen zu realisieren. Schaaf machte 1999 vor, wie es gehen kann. Auch er wurde in der sportlichen Krise aus der zweiten Mannschaft berufen, verhinderte den Abstieg und leitete die erfolgreichste Zeit an der Weser ein.

Gegensätzlicher als die beiden Neuen könnte ein Trainerduo kaum sein. Hier Skripnik, stets makellos rasiert, mit Halbglatze, würde auch gut als bodenständiger Bürokaufmann durchgehen. Und da Frings, gern mal mit ungezähmtem Bart und zotteliger Mähne, wäre vom Typ her in jeder Rockergang mühelos integrierbar. Frings wurde Skripnik an die Seite gestellt. So war es schon bei den Amateuren, wo die beiden herkommen. Skripnik Chef, Frings sein Adlatus. Weil das kaum einer wahrnahm, funktionierte die Rollenverteilung ganz gut. Doch nun wurden sie in die Bundesliga befördert. Große Bühne, viel Aufmerksamkeit. Wetten, dass der tätowierte Ex-Nationalspieler Frings da interessanter erscheint als sein Boss?

„So wird es nicht sein“, beharrt Eichin, „denn Viktor ist die Nummer eins auf dem Posten. Die Frage ist natürlich, was die Medien daraus machen.“ Frings ist einer der Lieblinge des Boulevards, allgemein gut zu verkaufen. Skripnik war es schon nicht, als er noch aktiv für Werder gespielt hat. 138 Spiele für die Bremer, der „Beckham der Ukraine“ wegen seiner Flanken, aber eben ein ukrainischer Beckham ohne Glamour.

An seinem Ehrgeiz aber lässt Skripnik keinen Zweifel. „Jeder Soldat will General werden, und jeder Trainer will sich entwickeln“, sagte er bei seiner Vorstellung. Er ist kein Lautsprecher, aber die Ansage ist klar. Und Frings? 326 Einsätze für Werder. Da groß geworden, da die schönsten Momente seiner Karriere erlebt. Einer aus der Zeit, als Werder noch was hermachte. Ein Volkstribun, herrlich wild. Frings war nie ein Mann der leisen Töne, im Gegensatz zu Skripnik. Es wird spannend zu sehen sein, wie der 37-Jährige das nun in seiner neuen Funktion hält.

Nach Josef Zinnbauer beim HSV ist Skripnik in dieser Saison bereits der zweite Amateurtrainer, dem der Sprung in den Profibereich zugetraut wird. Die Ära Dutt fand dagegen am Sonnabendnachmittag nach weniger als eineinhalb Jahren ihr Ende. Der schlechteste Saisonstart in Werders Geschichte und die schwache Trainerbilanz des 49-Jährigen waren ausschlaggebend. Seit seinem Amtsantritt im Sommer 2013 holte Dutt in 43 Erstliga-Partien im Schnitt lediglich einen Punkt pro Spiel Die 0:1-Heimpleite gegen den 1.FC Köln am Freitagabend besiegelte das Aus.

Auf Skripnik und Frings, denen Florian Kohfeldt und Torwarttrainer Christian Vander assistieren werden, wartet nun viel Arbeit. Ein Weiterkommen am Dienstag in Chemnitz ist Pflicht. „Das ist ein Spiel, wo du zeigen kannst, dass die Saison neu losgeht – und natürlich ist das auch ein finanzieller Aspekt“, sagte Eichin.