Nach dem 0:2 in Polen kam die deutsche Nationalmannschaft gegen Irland nur zu einem bitteren 1:1

Gelsenkirchen. Am Dienstagmittag, kurz vor dem Mittagessen, blieb für Toni Kroos noch ein wenig Zeit, um seine 1,64 Millionen Follower (Verfolger) beim Internet-Dienst Twitter mit einer wichtigen Nachricht zu versorgen: „Matchday!!!“, hieß es dort, und mit dem Kürzel „GERSCO“ wies der Mittelfeldmann auf ein Spiel gegen Schottland hin. Wichtig? Das war das dritte EM-Qualifikationsspiel am Abend zweifellos. Blöd nur, dass der Madrilene das falsche Spiel bewarb.

Vielleicht wollte Kroos auch nur seine jüngsten Äußerungen bestätigen, es gebe zu viele Spiele und zu wenig Urlaub. Da konnte man schon mal mit dem Gegner durcheinanderkommen.

Tatsächlich aber wurde die Diskussion über die Beanspruchung der Nationalspieler vor dem Spiel gegen Irland neu befeuert. Nach Christoph Kramer meldete sich am Spieltag auch noch André Schürrle mit einem grippalen Infekt ab. Der Chelsea-Profi war damit bereits der achte Spieler, der Joachim Löw fehlte. Von vorneherein fehlten Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira, Mesut Özil, Benedikt Höwedes, Marco Reus und Mario Gomez. Auf der Ersatzbank saßen nur noch vier gesunde Profis.

Beim Blick auf die Aufstellung hätte auch den Iren Zweifel kommen können, ob sie wirklich dem Weltmeister gegenüberstanden. Matthias Ginter im zentralen Mittelfeld? Antonio Rüdiger und Erik Durm als Außenverteidiger sowie Julian Draxler und Karim Bellarabi auf den Außenpositionen?

Dabei war die Ausgangslage für die Nationalelf klar: Der 0:2-Ausrutscher in Polen musste repariert werden, um trotz des vergleichsweise leichten Qualifikationsmodus – neben den zwei besten Mannschaften jeder Gruppe und dem punktbesten Dritten können die restlichen Dritten in den Playoffs die restlichen Plätze ergattern – nicht unter Druck zu geraten.

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Das Bemühen der DFB-Auswahl war denn auch deutlich zu sehen. Mit schnellen Pässen die technische Überlegenheit auszuspielen und so den Abwehrverbund der Gäste zu knacken, so lautete die erkennbare Marschroute. Die deutsche Nationalmannschaft agierte, angetrieben vor allem von Kroos, auch dominant, erspielte sich aber in den ersten 45 Minuten kaum zwingende Aktionen. Der Distanzschuss von Erik Durm an die Latte war noch die beste Chance (5.).

Die Zuschauer in der nicht ausverkauften Schalker Arena blieben abwartend-geduldig und honorierten das Bemühen des Weltmeisters. Unterm Strich war das viel zu wenig gegen ein Team, dessen Offensivbemühungen zumeist jämmerlich endeten.

Löw reagierte, brachte nach der Pause Lukas Podolski für Ginter. Es schien, als wollte der DFB-Coach die Torarmut mit Brachialgewalt beenden. Und wie erwartet drückte das DFB-Team nun stärker. Torwart David Forde musste gegen Bellarabi (53.), Kroos (55.) und gegen Müller (56.) retten.

Doch wie in der ersten Hälfte verflachte das deutsche Spiel. So war es kein Wunder, dass eine Einzelaktion den sich anbahnenden Torfluch beendete: Kroos zog aus 19 Metern ab, und der Ball prallte vom linken Innenpfosten ins Netz (71.). Die Erlösung? Denkste! Erst wurde ein klarer Elfmeter gegen Mario Götze nicht gepfiffen. Und als dann alle nur noch mit dem Schlusspfiff rechneten, drückte John O'Shea den Ball auch noch in der vierten Minute der Nachspielzeit vor Mats Hummels über die Linie. 1:1 nach 94 Minuten – die Krise des Weltmeisters war perfekt. „Im Moment habe ich dafür keine Erklärung“, so Bundestrainer Joachim Löw.

Am 14. November geht’s nun auf dem noch sehr langen Weg zur EM 2016 in Nürnberg gegen Gibraltar weiter. Und, falls Kroos diese Zeilen lesen sollte: Nach Schottland muss die DFB-Elf erst im September 2015 reisen. Und diese Partie dürfte dann tatsächlich ein enorm wichtiges Spiel werden.

Die Statistik

Deutschland: Neuer – Rüdiger, Boateng, Hummels, Durm – Kroos, Ginter (46. Podolski) – Bellarabi (86. Rudy), Götze, Draxler – Müller

Irland: Forde – Meyler, O’Shea, Wilson, Ward – McGeady, Walters, Whelan (54. Hendrick), McClean – Quinn (76. Hoolahan), Keane (63. Gibson)

Schiedsrichter: Skomina (Slowenien)

Tore: 1:0 Kroos (71.), 1:1 O'Shea (90.+4)

Zuschauer: 51.204