1:4 in Mönchengladbach, peinlicher Facebook-Eintrag: Königsblau kriselt vor dem Champions-League-Auftakt

Mönchengladbach. Es gibt vermeintliche Kleinigkeiten, die runden ein ohnehin negatives Gesamtbild ab. So tauchte, kurz nachdem der Fehlstart des FC Schalke 04 perfekt war, folgender Eintrag auf der offiziellen Facebook-Seite von Tranquillo Barnetta auf: „3 Wechsel, kein Quillo. Na dann: hopp Gladbach.“ Mit beißender Ironie wurde so die Tatsache, dass Schalke 04 mit 1:4 (0:1) bei Borussia Mönchengladbach untergegangen war, kommentiert. Bemerkenswert war jedoch, dass diese Unmutsäußerung zumindest im Namen eines Schalker Profis verbreitet wurde. „Quillo“ ist der Spitzname Barnettas, der in Mönchengladbach 90 Minuten lang auf der Bank schmoren musste.

„Ja, es ist Barnettas Account“, bestätigte Sportdirektor Horst Heldt den mehr als peinlichen Eintrag auf der Seite des Schweizer Mittelfeldspielers und war offenbar schnell tätig geworden: Eine knappe Stunde nach der Veröffentlichung wurde der Post wieder gelöscht. Er habe das Bearbeiten der Seite „in die Hände eines Freundes gelegt“, ließ Barnetta nun wissen. Der wiederum habe „aus der Emotion heraus einen Beitrag veröffentlicht, der zur Verwirrung geführt hat“. Er, so Barnetta, habe diesen Post weder in Auftrag gegeben noch freigegeben.

Doch ist es tatsächlich nur eine Petitesse, wenn einem anonymen Webdesigner aus dem Umfeld eines Profis die Gäule durchgehen? Nicht, wenn wie auf Schalke derzeit mal wieder eine Trainerdiskussion droht und die Verantwortlichen ohnehin alle Mühe haben, sie zu unterdrücken. Denn es konterkariert die Bemühungen, vor dem schweren Auftakt in die Champions League an diesem Mittwoch bei Chelsea London Unruhe zu vermeiden, erheblich. Jens Keller hat auch so genug Probleme, da braucht es nicht noch zusätzliche Schlagzeilen über vermeintliche Illoyalitäten eines Dauerreservisten.

Denn zum Auftakt in drei englische Wochen mit sieben Spielen präsentiert sich sein Team nicht nur personell in einer denkbar schlechten Verfassung. Die Schalker hatten den konterstarken und von Lucien Favre perfekt eingestellten Gladbachern zu wenig entgegenzusetzen, um Augenhöhe zu erreichen. Vor allem in der zweiten Halbzeit drohte Königsblau sogar ein höheres Debakel. Die Gegentore von André Hahn (17./50. Minute), Max Kruse (57.) und Raffael (79.) waren exemplarisch für die Unterschiede zwischen den beiden Mannschaften – oder vielleicht auch schon für die ganze Saison.

Dessen waren sich die Schalker durchaus bewusst. „Wir haben die taktischen Vorgaben katastrophal umgesetzt. Wir haben auf einzelnen Positionen nicht genug Verantwortung übernommen“, sagte Kapitän Benedikt Höwedes und stellte dem gesamten Team ein schlechtes Zeugnis aus.

Die Ursachen liegen auf der Hand: In allen Mannschaftsteilen fehlten entscheidende Spieler. In der Abwehr mussten mit Atsuto Uchida und Sead Kolasinac erneut beide Außenverteidiger ersetzt werden. In der Folge war Christian Clemens, ein gelernter Mittelfeldspieler, auf der rechten Seite völlig überfordert. Dennis Aogo, der links zum Einsatz kam, war nach neunmonatiger Verletzungspause die fehlende Spielpraxis anzumerken. Noch krasser war der Qualitätsabfall in Mittelfeld und Angriff: Mit Julian Draxler, Max Meyer, dem Langzeitverletzten Jefferson Farfán und Klaas-Jan Huntelaar fehlte in der Startelf die komplette erste Offensivreihe der vergangenen Saison. Neuzugänge wie Eric Maxim Choupo-Moting und Sidney Sam verfügen nicht über das Potenzial ihrer Konkurrenten.

Die Mannschaft, die sich in Mönchengladbach präsentierte, war nominell bestenfalls Mittelmaß. Wenn eine Führungsfigur wie Kevin-Prince Boateng auch noch abtaucht, vielleicht sogar eher noch weniger.

Eine nicht gerade Mut machende Erkenntnis, denn auf den klassischen Fehlstart – Pokalaus beim Drittligisten Dynamo Dresden, nur ein Punkt aus drei Bundesligaspielen – könnte schnell eine verkorkste Hinrunde folgen. Manager Heldt weiß, dass er Keller nur bedingt dafür haftbar machen kann, was die Rumpfmannschaft derzeit abliefert. Andererseits darf er den Spielern, die auch in den kommenden Wochen gebraucht werden, kein Alibi liefern. „Es ist eine angespannte Situation mit den vielen Ausfällen“, sagte er. „Doch die Fehler, die wir machen, sind nicht dem geschuldet, dass wir gewisse Spieler nicht zur Verfügung haben.“

Tatsächlich nicht? Worauf sollten die verheerenden Spieldaten von Sonnabend zurückzuführen sein, wenn nicht letztlich auf fehlende Qualität? Kellers Team gewann nur 43 Prozent der Zweikämpfe, war taktisch wie läuferisch klar unterlegen. Entscheidende Tugenden, die für ein kompakteres Abwehrverhalten und ein dynamischeres Angriffsspiel erforderlich sind, kann Schalke einfach nicht abrufen: Kaum eine Bundesligamannschaft hat mit dem Umschalten in beide Richtungen so große Probleme, nur wenige andere Mannschaften sind so anfällig für Konter.