Seit 25 Jahren ist Ingo Kahlisch Trainer bei Optik Rathenow. Nicht einmal ein Schlaganfall konnte den 58-Jährigen ausbremsen

Rathenow. Bei der „Silberhochzeit“ war die Stimmung ziemlich gedämpft. Seit 25 Jahren ist Ingo Kahlisch Trainer des Fußball-Oberligisten Optik Rathenow, was ja eigentlich ein Grund für eine ausgelassene Feier sein sollte. Doch dieses ungewöhnliche Jubiläum war plötzlich nur noch Nebensache, denn der 58-Jährige hatte im April einen Schlaganfall erlitten. Während seiner Rehabilitation konnte er nicht eingreifen, als seine Mannschaft aus der Regionalliga Nordost abstieg.

Nun befinden sich die Havelstädter im Umbruch. 15 Spieler haben den Verein nach der vergangenen Saison verlassen. Aber Ingo Kahlisch ist dafür wieder da und baut eine neue Mannschaft auf. Diese empfängt an diesem Sonnabend (15.30 Uhr) in der ersten Runde des DFB-Pokal den FC St. Pauli.

Der Schlaganfall ist Ingo Kahlisch kaum noch anzumerken, die Lähmungserscheinungen haben nachgelassen. Zweimal in der Woche fährt er noch zur Rehabilitation. „Es wird von Woche zu Woche besser. Ich habe viel Glück gehabt“, sagt er. Mehr will der gebürtige Potsdamer dazu nicht sagen. „Ich fühle mich nicht so wichtig.“ Er habe im Krankenhaus Menschen kennen gelernt, denen es deutlich schlechter geht.

In der 20.000-Einwohner-Stadt westlich von Berlin war sein Schlaganfall jedoch ein großes Thema. Kahlisch steht für den Verein wie kein anderer. Am 2. Januar 1989 heuerte er bei den Rathenower Optischen Werken an, wurde aber als technischer Leiter für den Fußballverein freigestellt. Diese Konstruktion war in der DDR üblich. Im Sommer 1989 übernahm Kahlisch, der selbst unter anderem bei Union Berlin gespielt hatte, auch das Traineramt. Die Optischen Werke waren bald Geschichte, Kahlisch aber blieb.

Anfang der 90er-Jahre führte er Optik in die drittklassige Regionalliga. Später ging es bis in die Brandenburgliga zurück. 2012 ließen die Rathenower mit dem Aufstieg in die nunmehr viertklassige Regionalliga wieder aufhorchen. Ein Jahr später gewannen die Westhavelländer erstmals den Landespokal und verloren im DFB-Pokal gegen den Zweitligisten FSV Frankfurt erst nach Verlängerung mit 1:3. Genau 2006 Zuschauer waren vor einem Jahr dabei.

Bei Rathenows zweitem Auftritt im DFB-Pokal werden es jetzt deutlich mehr sein. Das Stadion ist mit 4500 Zuschauern bereits ausverkauft – Vereinsrekord. Die Vorfreude auf das größte Spiel der Vereinsgeschichte ist groß. „Es kommt ein Kultverein, der unsere kleine Stadt aufwertet. Das soll ein Fest werden“, sagt Kahlisch.

In seinem Sportladen laufen alle Fäden zusammen. Er ist so etwas wie die Geschäftsstelle des Vereins. Ohne Kahlisch gäbe es in der Stadt keinen höherklassigen Fußball. „Ingo Kahlisch ist ein kleines Denkmal in Rathenow“, sagt Vereinspräsident Mario Schmeling .

Der Verein und das Stadion, das früher eine Trabrennbahn war, sind Kahlischs Lebenswerk. Babelsberg 03 und Tennis Borussia Berlin wollten ihn als Trainer, Energie Cottbus lockte mit einem Job als Nachwuchsleiter. Doch Kahlisch wollte Optik nicht im Stich lassen, auch wenn er seine Fußballlehrerlizenz sicher mit höheren Ansprüchen erworben hat. „Ich habe alles richtig gemacht“, sagt Kahlisch. Dass er trotz seiner Erkrankung wieder in der ersten Reihe steht, besorgt manchen. Doch Kahlisch kann nicht anders. „Ich denke ab und zu mehr nach“, räumt er ein. „Aber ich werde mich nicht ändern.“ Vielleicht kann er ja das nächste Jubiläum angemessen feiern.