Miroslav Klose spürte, dass Mario Götze den entscheidenden Treffer erzielen würde. Dem Team sagt er eine tolle Zukunft voraus

Rio de Janeiro. Als der Abpfiff ertönte, übermannten ihn die Gefühle. Während die meisten Mitspieler zu Mario Götze stürmten, den Torschützen, stand er kurz für sich allein auf dem Rasen des Maracanã. Eine Kamera fing ihn in Großaufnahme ein. Und dann konnte man auf den vier Videoleinwänden sehen, wie Miroslav Klose die Tränen über das Gesicht liefen.

Der Stürmer weinte vor Glück – und in den Armen seiner Frau Sylwia, denn die hatte sich von der Tribüne den Weg zu ihm gebahnt, zusammen mit den Zwillingssöhnen. Gemeinsam nahm das Trio seinen ganz persönlichen Helden in die Arme. Sie drückten Klose ganz fest. Ihn, dem in seinem siebten Turnier für Deutschland endlich die Krönung gelungen ist. 137 Länderspiele musste Klose auf seinen ersten großen Titel warten. Der mit 16 Toren bei Fußball-Weltmeisterschaften einen Rekord aufstellte und Brasiliens Torjäger Ronaldo um einen Treffer überbot.

Dementsprechend aufgelöst war er auch noch, als er frisch geduscht und mit den Zwillingen im Schlepptau durch die Mixed Zone ging. Die Augen waren noch immer feucht. In den ersten Sekunden sprach Klose mit tränenerstickter Stimme, so ergriffen war er noch immer.

Hamburger Abendblatt:

Herr Klose, herzlichen Glückwunsch. Was geht in Ihnen in diesem Moment vor?

Miroslav Klose:

Ich bin noch immer völlig aufgelöst. Es ist ein fantastisches Gefühl, dass wir jetzt Weltmeister sind. Man muss sich das mal vor Augen halten. Dass uns der Titelgewinn gelungen ist, ist unfassbar.

Als der Titel perfekt war, haben Sie den Tränen freien Lauf gelassen. Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen?

Klose:

Das war ein Gänsehautmoment, dafür gibt es keine Worte. Wenn man – so wie ich – schon mal ein Finale gespielt und das auch noch verloren hat, ist so ein Spiel natürlich ein ganz emotionales. Es war ein Finale auf Messers Schneide, ein sehr enges und umkämpftes Spiel. Und dann fällt in der Verlängerung wirklich noch dieses Tor. Das war ein so krasser emotionaler Moment, wie ich ihn selten im Fußball erlebt habe. Das war brutal – brutal schön.

Haben Sie schon realisiert, was passiert ist?

Klose:

Ich denke, das dauert noch ein bisschen, bis man das wirklich kapiert, was wir da geleistet haben. Alle zusammen. Ich freue mich für jeden einzelnen Spieler in dieser tollen Mannschaft. Wir haben einen so hervorragenden Teamgeist. Diese Mannschaft hat so viele gute und vor allem junge Spieler, die noch viele, viele tolle Jahre im Fußball vor sich haben. Jeder einzelne Spieler, der bei dieser WM dabei war, hat es verdient, Weltmeister zu sein. Wirklich jeder.

Wie haben Sie das Tor von Mario Götze erlebt?

Klose:

Mario ist ja kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit für mich ins Spiel gekommen. In der kurzen Pause bis zur Verlängerung bin ich bestimmt dreimal zu ihm gegangen und habe zu Mario gesagt: „Mario, du machst heute noch das entscheidende Tor. Ich habe das im Urin.“ Und genau so ist es gekommen. Genau so. Nach dem Spiel bin ich in der Kabine noch einmal zu ihm und habe ihm noch einmal gesagt, dass ich das im Gefühl hatte, dass er das entscheidende Ding machen wird. Ich habe das wirklich gespürt. Fragen Sie mich nicht, warum. Es war einfach so.