Deutschlands Nationalspieler haben die Selfies entdeckt. Die Fotos sind Teil des Marketingkonzepts, geben den Profis eine menschliche Note. Ein möglicher WM-Triumph dürfte für eine Flut der Selbstporträts sorgen.

Hamburg. Eine Szene, die sich am Sonntagabend gegen 23.55 Uhr deutscher Zeit im Maracana-Stadion von Rio de Janeiro abspielen könnte, wird in etwa so aussehen: Zunächst schnappt sich Deutschlands Innenverteidiger Jerome Boateng den WM-Pokal, dann seinen Freund Mario Götze. Mit seinem Smartphone macht Boateng einen langen Arm und richtet die Handykamera auf sich und seinen Mitspieler. Sie ziehen eine Siegergrimasse.

Wenige Sekunden später lädt Boateng das Foto auf seinem Twitterprofil @JB17Official hoch. Garniert mit dem Hashtag #DaistdasDing!!! Innerhalb weiterer weniger Sekunden wird sich das Bild dann auf der ganzen Welt verbreitet haben, wenn Boatengs Twitter-Abonnenten den Schnappschuss weiterleiten.

Und Lukas Podolski, der wird sich vermutlich so schnell wie möglich Kanzlerin Angela Merkel für ein sogenanntes Selfie greifen. „The Chancellor and me after the victory“, könnte Podolskis Kommentar wieder lauten, den er unter das Bild schreibt. So hat er es bereits nach dem 4:0-Auftaktsieg gegen Portugal gemacht.

Das Foto des breit grinsenden Stürmers mit der verlegen lächelnden Kanzlerin ist einer der bekanntesten Schnappschüsse der Fußball-Weltmeisterschaft 2014. Er steht stellvertretend für einen Trend, der bei dieser WM ungeahnte Ausmaße angenommen hat: Selbst ist der Star.

+++ Hier tweeten, liken und posten Özil, Poldi und Co. +++

Nie zuvor wurde die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei einer WM derart streng von der Öffentlichkeit ferngehalten. Und doch kommen die deutschen Fans ihren Nationalspielern so nah wie nie zuvor.

Wir sehen Mario Götze und André Schürrle mit nacktem Oberkörper am Pool des WM-Quartiers Campo Bahia entspannen, während Miroslav Klose und Benedikt Höwedes im Hintergrund Boule spielen.

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Wir sehen Mats Hummels und seine Freundin Cathy Fischer leicht bekleidet am Strand.

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Und wir sehen in das Gesicht von Manuel Neuer, während seine Mitspieler das WM-Auftaktspiel in Liegestühlen verfolgen.

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Die Nationalkicker haben das Selfie entdeckt. Das englische Wort des Jahres 2013 ist ein Social-Media-Phänomen und bedeutet letztlich nicht mehr als Selbstporträt. Ein Foto von sich selbst, aufgenommen aus der eigenen Hand. Schon seit dem Debüt der Kodax-Kamera im Jahr 1900 kann sich der Mensch selbst fotografieren. Durch die Verbreitung der Smartphones, mehr als eine Milliarde gibt es mittlerweile weltweit, und der wachsenden Bedeutung der sozialen Netzwerke hat das Selfie eine neue Dimension erreicht.

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Via Facebook, Twitter oder Instagram schießen die Selfies sekündlich durch das World Wide Web. Ich beim Frühstück, ich am Schreibtisch, ich beim Nachtisch. Die Menschen wollen an ihrem Leben teilhaben lassen. Und sie wollen Resonanz. Diese bekommen sie in Form von „Likes“ (Facebook) oder „Retweets“ (Twitter). „Es ist für Menschen sehr verlockend, Anerkennung zu erhalten. Und das Internet ist ein mächtiges Kommunikationsinstrument“, sagt Rosa Maria Farah, Psychologin und Kommunikationsexpertin.

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Nun bekommen deutsche Nationalspieler in der Regel Aufmerksamkeit genug. Ihre Namen stehen auf Schokoriegeln, sie machen Werbung für Grillfleisch, Chips oder Shampoo. Eine aufwendig produzierte Homepage mit Hochglanzfotos hat fast jeder Fußballprofi. Warum also jetzt die ständigen Nahaufnahmen schwitzender, unrasierter und nicht immer fotogener Sortsstars?

Es gehe um die Botschaft der Bilder, die „viel intensiver“ sei, sagt Kommunikationsexpertin Farah. „Selfies sind nicht von Werbeagenturen abhängig“, sagt Farah: „Es ist die Person selbst, die kommuniziert.“ Nationalspieler zum Anfassen sozusagen.

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Die Social-Media-Profile der DFB-Spieler sind Teil einer mächtigen Marketingmaschinerie. Doch wer glaubt, dass die Facebook-Seite eines Lukas Podolski von teuren Beraterbüros gesteuert wird, der irrt. Die meisten Nationalspieler pflegen ihre Onlineprofile selbst. Während Mesut Özil mit seinen 18,8 Millionen Facebook-Abonnenten mittels Medienberater kommuniziert, schreiben Spieler wie Toni Kroos oder Per Mertesacker ihre Einträge selbst.

Im WM-Kader der Deutschen gibt es nur einen Spieler, der weder auf Twitter noch auf Facebook zu finden ist: Miroslav Klose. In der Selfie-Generation wirkt der 36-Jährige wie die Kodax unter modernen Kameras. Man sollte dem WM-Rekordtorjäger die Facebook-Abstinenz aber nicht verübeln. Als Klose 2002 gegen Brasilien das letzte Mal in einem WM-Finale stand, hatten die meisten Handys noch nicht einmal eine integrierte Kamera.