Den ersten Livekommentar seines Lebens sprach Tom Bartels, 49, in seinem Kinderzimmer in Celle, als er als kleiner Junge seine Kuscheltiere gegeneinander spielen ließ. Am Sonntagabend wird die Bühne ungleich größer sein. Der ARD-Reporter wird aus dem legendären Maracanã in Rio de Janeiro das WM-Finale zwischen Deutschland und Argentinien kommentieren.

Für Bartels ist es der Höhepunkt einer emotionalen Achterbahnfahrt. Kaum ein WM-Reporter wurde so sehr attackiert, bei Facebook gründete sich sogar eine Gruppe „Nehmt Tom Bartels das Mikrofon weg“. Die Häme hat ihn getroffen. „Die Kritik war zum Teil sehr verletzend“, sagt Bartels.

Die nötige Expertise für den Job kann ihm indes niemand ernsthaft streitig machen. Bartels hat passabel gekickt, bis rauf in die vierthöchste deutsche Spielklasse, dann an der Deutschen Sporthochschule studiert, zudem mit seiner Frau, ebenfalls Journalistin, ein Taktikbuch geschrieben. Und bevor er das erste Mal ein Vierschanzenspringen kommentierte, analysierte er in Hinterzarten drei Wochen mit der Skisprunglegende Dieter Thoma mehrere Tausend Sprünge. Kurioserweise heimste Bartels das größte Lob seiner Reporterkarriere für ein minutenlanges Schweigen ein. Beim EM-Gruppenspiel 2012 zwischen Irland und Spanien hörte er beim Stand von 0:4 für den Favoriten einfach nur zu, wie die irischen Fans, ohne Hoffnung auf ein Weiterkommen, inbrünstig ihre Hymne „Fields of Athenry“ sangen.