Seit 1986 trafen Deutschland und Argentinien bei Weltmeisterschaften viermal aufeinander. Es wurden immer denkwürdige Spiele

Santo André. Am Donnerstagmorgen bewies der Deutsche Fußball-Bund Humor. Die Pressestelle des Verbands schickte eine E-Mail, in der sie darauf hinwies, dass die Vertreter der Medien sich ab sofort für das Spiel Deutschland gegen Argentinien akkreditieren können. Ein Klassiker. Ein Aufeinandertreffen mit bewegter Geschichte zweier großer Fußballnationen. Das will keiner verpassen.

Am 3. September in Düsseldorf soll die Partie stattfinden. Und mit ziemlicher Sicherheit wird Deutschland sie verlieren. Das entspräche nämlich der Logik des Duells gegen die Südamerikaner. „In letzter Zeit haben wir es so gehalten, dass die Argentinier die Freundschaftsspiele gewonnen haben und wir die Wettbewerbsspiele“, sagte Verbandspräsident Wolfgang Niersbach. Es sollte ein Witz sein, und witzig ist es ja auch ein bisschen. Denn erstens ist es wahr: Deutschland hat in den vergangenen 30 Jahren nur eines von acht Testspielen gegen Argentinien gewonnen und zuletzt sogar vier von fünf verloren. Und zweitens steht vor der freundschaftlichen Begegnung im September noch ein anderes, ein nicht ganz unwesentliches Duell gegen die „Albiceleste“, die Weiß-Himmelblauen, auf dem Spielplan: das WM-Finale im Maracana von Rio de Janeiro am Sonntag.

Folgt man also den von Niersbach vorgetragenen Wechselwirkungen von Test- und Pflichtspielen, dann wird Kapitän Philipp Lahm am Sonntag den WM-Pokal in Rios Abendhimmel stemmen. Sechsmal trafen Deutschland und Argentinien bisher bei Weltturnieren aufeinander – 1958, 1966, 1986, 1990 sowie 2006 und 2010. Argentinien ist damit so etwas wie der ewige Rivale – aber einer, mit dem es die deutsche Mannschaft gern aufnimmt. Denn von den sechs WM-Partien gewann Deutschland vier. Nur einmal verlor es. Das allerdings auf schmerzhafte Weise.

Jens Lehmanns Spickzettel beim Elfmeterschießen zeigte Wirkung

1986 im WM-Finale vor 115.000 Zuschauern im Azteken-Stadion von Mexico City war das Team des damaligen Bundestrainer Franz Beckenbauer so berauscht von seiner Aufholjagd nach 0:2-Rückstand, dass es in einen Konter lief und durch den Treffer von Jorge Burruchaga 2:3 verlor. Danach aber war Deutschland stets Endstation für die Südamerikaner. Und immer waren es legendäre Spiele – Partien, in denen Tränen und manchmal Blut flossen. Das WM-Finale von Rom 1990, der fallende Rudi Völler im Strafraum, der nervenstarke Hamburger Andreas Brehme, und der weinende Diego Maradona. Der Spickzettel von Torwart Jens Lehmann im WM-Viertelfinale 2006 in Berlin, auf dem zwar nicht die richtigen Informationen über die argentinischen Elfmeterschützen standen, der aber wohl psychologische Wirkung zeigte. Deutschland war wieder der Sieger im ewigen Duell, und die Nerven bei den Südamerikanern lagen nach Abpfiff so blank, dass sie eine Schlägerei anzettelten.

2010 lieferte Deutschland gegen Argentinien eines der bis dahin beeindruckendsten K.o.-Spiele seiner WM-Geschichte ab. Dem Favoriten um Superstar Lionel Messi wurde im Viertelfinale in Südafrika mit 4:0 die höchste Niederlage seiner WM-Historie zugefügt. Damit hatte das Team von Bundestrainer Joachim Löw die Fußballwelt verzaubert und Argentinien erneut nach Hause geschickt. Übertroffen wurde dieses fulminante Ergebnis nur noch vom 7:1 gegen Brasilien am vergangenen Dienstag im Halbfinale dieser WM. Die Lobhudeleien für Löw schlagen nun noch einmal höher als 2010 und erheben Deutschland vor dem Finale im Maracana, das dritte WM-Endspiel gegen Argentinien, in der öffentlichen Wahrnehmung zum klaren Favoriten.

Löw aber will davon nichts wissen: „So ein Spiel wie im Halbfinale kann und wird es nicht werden. Der Gegner wird sich im Finale gegen uns ganz anders präsentieren“, sagte der 54-Jährige. Der Respekt vor dem Team von Trainer Alejandro Sabella ist hoch: „Argentinien ist defensiv stark, kompakt und gut organisiert“, sagte Löw. Keinen einzigen Gegentreffer mussten die Gauchos in den drei K.o.-Partien nach der Vorrunde hinnehmen. „Und in der Offensive haben sie überragende Spieler wie Messi und Higuain“, so Löw.

Niemand solle davon ausgehen, dass es nochmals ein ähnlich deutliches Spiel werde wie gegen Brasilien, warnte Mats Hummels. Beim Innenverteidiger gab es wegen einer Sehnenreizung im Knie Bedenken. Doch er wird auflaufen können. „Viele sagen, die Favoritenrolle ist uns Deutschen überlassen“, sagte Löws Assistent Hansi Flick. „Aber die Mannschaft ist klug genug, sich davon nicht leiten zu lassen. Wir wissen, dass wir, wenn wir unsere Leistung abrufen, alle Chancen auf den Titel haben.“

Für Deutschland wäre es ein historischer Triumph. Als erstes europäisches Team könnte Löws Elf auf einem fremden Kontinent Weltmeister werden. „Die Mannschaft ist richtig heiß auf dieses Spiel“, übermittelte Flick. Wochenlang habe sie darauf hingearbeitet, und wolle nun auch unbedingt den Titel gewinnen.